WAS KOMMT NACH „NIE WIEDER IST JETZT”?

Nie wieder ist jetzt — diese Losung an vielen Kulturstätten soll vor einer Wiederholung der Geschichte warnen und zum aktiven Gegensteuern auffordern. Man vergleicht die gegenwärtige Entwicklung mit der Zeit vor dem Nationalsozialismus, fürchtet einen neuen Faschismus und die Deportation tausender Menschen aufgrund einer zunehmenden Fremdenfeindlichkeit.

Hauptschuldige sind, so wird es sinngemäß geäußert, die ungebildeten deutschen Unterschichtler, vorwiegend Männer, die keine komplexen Zusammenhänge erkennen, nach einfachen Lösungen suchen und sich von üblen Kräften manipulieren lassen.

Besonders deutlich war das in der Kulturpresseschau des Deutschlandfunks vom 9. Februar 2025 herauszuhören: Jene Versager des sogenannten Volkes, die sich als zu kurz gekommen empfinden, werden von dumpfen Instinkten geleitet. Sie fallen auf Populisten herein, die nach der Machtergreifung streben.

https://www.deutschlandfunk.de/kulturpresseschau-09-02-100.html

Gäbe es also diese rückständigen Trottel nicht, welche ja maßgeblich zum Erfolg der Populisten beitragen, wäre Deutschland wahrscheinlich längst ein multikulturelles Fachkräfteeinwanderungsland, Vorreiter bei der Energiewende, und hätte eine inklusive Gesellschaft, in der alles gerecht verteilt ist.

Die Kulturschaffenden haben sich durch diese Denkweise ihr eigenes Feindbild geschaffen, sehen sich von einem ungebildeten Pöbel bedroht, der immer stärker wird und die Zukunftsvisionen und Träume der kreativen Gesellschaft zu verhindern sucht.

Auch das ist gefährlich, weil sie ihr eigenes antagonistisches Denken nicht bemerken und ebenfalls zur Verallgemeinerung neigen. Die in der Psychologie bekannten personenbezogenen Wahrnehmungsfehler unterlaufen nämlich nur denen auf der anderen Seite. Dass sich die Verallgemeinerung auf der „richtigen“ Seite lediglich in andere Bereiche verlagert, wird übersehen. Ist die herkunftsbezogene überwunden, nimmt man die formelle Bildung, den Wohnort oder das Geschlecht her, wenn es sich um Männer handelt. Dann sind die Übeltäter, von denen man sich abgrenzen will, schnell ausgemacht: Sie haben einen Hauptschulabschluss, wohnen überwiegend im Osten, sind rückständig und toxisch.

Was aber passiert, wenn der Faschismus, die Unbewohnbarkeit der Erde, die Apokalypse in der Wahrnehmung der Kulturschaffenden immer näher rückt und das „Nie wieder ist jetzt” immer eindringlicher zur Verteidigung der Demokratie und Vielfalt auffordert? Dann könnten sich durchaus Szenen wie in der Corona-Zeit wiederholen. „Nie wieder ist jetzt” ist schonmal gleichbedeutend mit „Taten statt Worte” in dem neunstufigen Eskalationsmodell nach Friedrich Glasl. Am Ende heißt es dort „Gemeinsam in den Abgrund”.

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