
Im Museum für Naturkunde wurde die Zusammengehörigkeit zweier Unterkieferbögen einer Höhlenhyäne festgestellt. Nach Jahrtausenden fanden sie erst im Jahr 2024 wieder zueinander.
Entdeckt wurden die Fossilien 1874 in der Lindenthaler Hyänenhöhle im Kreuzungsbereich der heutigen Robert-Blum-Straße und Pfortener Straße in Pforten. Gefunden wurde die Höhle zufällig bei größeren Baumaßnahmen zum Abtrag von Boden und Gestein. Ursprünglich bestand sie aus zwei miteinander verbundenen Felsspalten, die durch Verwitterung entstanden waren. Der Name „Lindenthaler Hyänenhöhle“ wurde durch die Nähe der Höhle zur ehemaligen Gastwirtschaft „Lindenthal“ und durch die zahlreichen darin geborgenen Hyänenfossilien vergeben. Die zwei Unterkieferbögen einer schon recht alten Hyäne waren 1874 auch Teil der Funde.
Sie gehören zu 197 einzelnen Fossilien der Höhlenhyäne aus der Lindenthaler Hyänenhöhle, die derzeit im Museum für Naturkunde aufbewahrt werden. Zählt man die ersten Molare (hintere Backenzähne) der Unterkiefer im heute noch erhaltenen Sammlungsmaterial, so gehören die Fossilien zu mindestens 15 erwachsenen Individuen der Höhlenhyäne. Vor dem Verlust vieler Fossilien durch die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges konnten die Hyänenfossilien sogar über 30 verschiedenen erwachsenen Tieren zugeordnet werden!
Die Fossilien der Höhlenhyäne beschränken sich vor allem auf lose Zähne und Kieferfragmente, dabei mehrheitlich vom Unterkiefer. Darüber hinaus sind nur sehr wenige Knochen vorhanden. Die Zusammensetzung und Beschaffenheit dieser Fossilien erklärt sich dadurch, dass die Höhlenhyänen „die Leichen ihrer Anverwandten im eigenen Magen bestatteten“. Insbesondere Jungtiere und alte Tiere wurden nach dem Tod von ihren Artgenossen aufgefressen, auch die Mehrzahl ihrer Knochen. Meist blieben dabei nur die besonders stark verknöcherten Unterkiefer übrig. Das Tier, zu dem die beiden Bögen des auseinandergefallenen Unterkiefers gehören, war schon recht alt, denn die Zähne waren beim Tod schon sehr abgenutzt. Die Hyäne konnte nur noch eingeschränkt fressen und starb so eventuell den Tod durch Verhungern. Vermutlich zerbrach der Unterkiefer im Kinnbereich schon beim Zerlegen des Kadavers durch die Artgenossen in seine zwei Hälften – den linken und rechten Unterkieferbogen.
Die Bergung und das Aufsammeln der Fossilien in und vor der Lindenthaler Hyänenhöhle erfolgte im Wesentlichen durch den Geraer Lederfabrikanten Gustav Albin Korn (1826 – 1887) und den Theologen sowie Botaniker Dr. Robert Schmidt (1826 – 1890). So wurden die Knochen vorerst privat vereinnahmt und von Korn und Schmidt zu Hause aufbewahrt. Vieles deutet darauf hin, dass jeweils einer der zwei Unterkieferbögen getrennt von der anderen Hälfte aufbewahrt wurde. Auch als die Fossilien nach und nach in die Geologische Landessammlung und in das Städtische Museum Gera gelangten, bemerkte niemand, dass die Knochen zusammengehören. Bis zum Jahresbeginn 2024 waren die Fossilien der Lindenthaler Hyänenhöhle teilweise in der Sammlung des Museums für Naturkunde und in der Sammlung des Stadtmuseums untergebracht. Erst als die Fossilien im Museum für Naturkunde vollständig zusammengeführt wurden, fiel auf, dass beide Unterkieferbögen zu einem Unterkiefer einer alten Höhlenhyäne gehören.
Der rechte Teil des Kiefers ist bis Ende August 2025 in der Sonderausstellung „Giganten der letzten Eiszeit“ im Museum für Naturkunde zu sehen. Im Anschluss ist es ein wünschenswertes Ziel, beide Kieferhälften sach- und fachgerecht von einem auf Fossilien spezialisierten Präparator zu einem Unterkiefer zusammensetzen zu lassen. Das Ergebnis wäre sicher ein beeindruckendes Exponat!
QUELLE: STADTVERWALTUNG
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