NEUE ARBEITSZEITREGELN VERÄNDERN TEILHABE AM ERWERBSLEBEN

Der vor langer Zeit hart erkämpfte achtstündige Arbeitstag könnte in vielen Firmen bald der Vergangenheit angehören. Union und SPD wollen längere Arbeitszeiten ermöglichen und hierfür das Arbeitszeitgesetz ändern. Kritiker befürchten einen schleichenden Rückschritt ins 19. Jahrhundert.

Üblich ist heute eine Arbeitszeit von täglich acht Stunden. In Ausnahmefällen sind auch zehn Stunden möglich. Laut dem neuen Koalitionsvertrag soll es künftig einen wöchentlichen Rahmen für die Arbeitszeit geben. Anstelle der bisherigen Begrenzung von acht beziehungsweise zehn Stunden pro Tag nach § 3 des Arbeitszeitgesetztes könnte eine Wochenarbeitszeit von maximal 48 Stunden als neue Obergrenze gelten. Beschäftigte und Arbeitgeber würden sich mehr Flexibilität wünschen, so die Begründung. Mit der geplanten Anpassung nähert sich Deutschland der EU-Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG an.

Der Acht-Stunden-Tag ermöglicht großen Teilen der Gesellschaft ein Erwerbsleben. Bei einem wöchentlichen Rahmen wären auch 13 Stunden möglich. In einigen Tätigkeitsbereichen ist das bereits heute üblich. Ein großes Interesse an dem neuen Modell zeigen Pflegeunternehmen. Eine längere Schichtarbeit würde allerdings besonders alleinerziehende Frauen benachteiligen. Weil die Öffnungszeiten der Kindergärten schon heute nicht mit den Arbeitszeiten harmonieren, wäre der Kinderwunsch dann auch für normale Familien ein Problem. Für ältere Menschen sind lange Arbeitszeiten ebenfalls nicht geeignet. Gehen sie vorzeitig in Rente, haben sie enorme finanzielle Einbußen. Alleinstehende junge Menschen ohne familiäre Verpflichtungen begrüßen das neue Modell hingegen.

Weil das wirtschaftliche Umfeld für viele Betriebe künftig schwieriger wird und Existenzkrisen zunehmen, kann es im Zuge von Einsparungen zu Ausbeutungen der Leistungsreserven kommen. In der Regel sind Unternehmer bestrebt, ihre Personalkosten niedrig zu halten und die anstehenden Aufgaben auf weniger Köpfe als früher zu verteilen. Ein Arbeitspensum, das nur noch von Spitzensportlern bewältigt werden kann, ermöglicht allerdings nur wenigen Menschen die Teilhabe am Erwerbsleben. In der Gesellschaft käme es zu einer deutlich sichtbaren Verelendung breiter Bevölkerungsschichten.

Der Acht-Stunden-Tag wurde im 19. und 20. Jahrhundert als zentrales Ziel der Arbeiterbewegung eingeführt, um gerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen und Ausbeutung durch überlange Arbeitszeiten zu verhindern. Er basiert auf dem Prinzip „acht Stunden Arbeit, acht Stunden Freizeit, acht Stunden Schlaf“ und wurde als Grundlage für eine ausgewogene Lebensgestaltung gesehen. Dieses Arbeitszeitmodell unterstützt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, was insbesondere für Eltern und Alleinerziehende wichtig ist.

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