UNEINIGKEIT ÜBER DEN UMGANG MIT DER AFD

Rund ein Drittel der zur Landtagswahl abgegebenen Stimmen entfallen auf die AFD. Damit ist sie stärkste Kraft in Thüringen geworden. Der Grund für den deutlichen Stimmenzuwachs im Vergleich zur vorangegangenen Wahl dürfte die wachsende Unzufriedenheit mit der Bundespolitik sein. Doch die AFD kommt nicht zum Zuge, weil alle anderen Parteien eine Zusammenarbeit mit ihr ablehnen und gleichzeitig Möglichkeiten zum Regieren in einer Art Gegenbündnis suchen — obwohl sie völlig unterschiedliche politische Ansätze haben. Beim Bürgergespräch in Leipzig zum Tag der deutschen Einheit übertrug ein Fernsehzuschauer die Situation die Situation auf den Fußball: Man stelle sich vor, in der Bundesliga würden die Zweit-, Dritt- und Viertplatzierten ihre Punkte addieren, um so dem Meister den Pokal strittig zu machen.

Tatsächlich ist unter AFD-Gegnern die Meinung verbreitet, man müsse die Partei blockieren und mittelfristig deren Wählern die politische Stimme entziehen. Mehrere Bundestagsabgeordnete von SPD, Grüne, Linke, CDU und SSW wollen deshalb gemeinsam auf ein Verbot hinwirken, weil die AFD aus ihrer Sicht eine Gefahr für die Demokratie ist und an deren Beseitigung arbeite. Doch innerhalb der eigenen Reihen gibt es auch Gegner eines Verbotsverfahrens.

Die Wähler der AFD weisen den Vorwurf, Demokratiefeinden hinterherzulaufen, entschieden zurück. Es gehe lediglich um eine andere Ausgestaltung der Demokratie, mit mehr direkten Wahlmöglichkeiten. Hier verweisen aber die Gegner auf das, was sich jüngst im Thüringer Landesparlament bei der konstituierenden Sitzung ereignete. Der CDU-Abgeordnete Andreas Bühl warf dem AFD-Alterspräsidenten daraufhin eine „Machtergreifung“ vor.

Obwohl die CDU lange vorher wusste, dass die Geschäftsordnung des Landtags an einigen Stellen unpräzise ist, lehnte sie die im Dezember 2023 eingebrachten Änderungsvorschläge ab — selbstsicher in dem Glauben, stärkste Kraft zu werden. Dann, als das Ergebnis anders ausfiel als erwartet, wurden eilig und mit Hinzuziehung des Thüringer Verfassungsgerichtshofes die Spielregeln zur Wahl des Alterspräsidenten geändert. Das wiederum verurteilen Wähler und Politiker der AFD als ein undemokratisches Verhalten der „Altparteien“. Der CDU gegenüber wollen sie dennoch offen bleiben. Schließlich kommen viele AFD-Politiker von dort, und sie würden lediglich Standpunkte vertreten, die vor der Merkel-Ära völlig normal gewesen seien. Wenn also die CDU heute Positionen aus dem Wahlprogramm der AFD übernimmt, wären das demzufolge ihre eigenen aus einer früheren Zeit. Die AFD hätte sie gemäß dieser Darstellung nur über Merkel-Zeit hinweg konserviert.

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