UNRUHE IM THÜRINGER LANDESPARLAMENT

Die konstituierende Sitzung des Thüringer Landesparlamentes am 26. September 2024 wurde ohne die vorgesehene Wahl eines Landtagspräsidenten und seiner Stellvertreter bis Samstag 9.30 Uhr unterbrochen. Als stärkste Fraktion mit 32 von 88 Sitzen hat die AFD das Vorschlagsrecht für das zweithöchste Staatsamt. Gemäß der geltenden Geschäftsordnung darf nur sie einen Kandidaten aufstellen. Nominiert wurde Wiebke Muhsal.

CDU, SPD und BSW sind mit zusammengerechnet 44 Sitzen einen von der absoluten Mehrheit entfernt. Sie wollen die Geschäftsordnung so ändern, dass alle Parteien Kandidaten nominieren können.

Eine besondere Bedeutung bei der Konstituierung des Parlaments hat der älteste Abgeordnete. Er leitet die erste Sitzung, ernennt zwei vorläufige Schriftführer, hält eine Ansprache und leitet die Wahl des Parlamentspräsidenten und seiner Stellvertreter. Der normale Werdegang sieht vor, dass in einer späteren Sitzung der Ministerpräsident gewählt wird, welcher dann eine Regierung bildet.

Als der AFD-Politiker Jürgen Treutler in seiner Funktion als Alterspräsident mit seiner Ansprache gemäß Tagesordnungspunkt 1 beginnen wollte, meldete sich der parlamentarische Geschäftsführer Andreas Bühl von der CDU zu Wort und forderte Treutler auf, die Sitzung sofort für beschlussfähig zu erklären, obwohl sein Antrag zur Beschlussfähigkeit auf den Tagesordnungspunkt 3 gesetzt war. Es folgten weitere Zwischenrufe während der Rede. Der Alterspräsident erteilte Ordnungsrufe, hatte hierfür allerdings keine rechtliche Grundlage.

Durch die Beschlussfähigkeit wäre es möglich gewesen, die Geschäftsordnung des Parlaments so zu ändern, dass alle Parteien ein Vorschlagsrecht haben. Es genügt eine einfache Mehrheit. Doch Alterspräsident Treutler unterbrach die Sitzung stets, als derartige Forderungen laut wurden. Nach der zweiten Unterbrechung sprach Bühl von einer Machtergreifung.

Einen entsprechenden Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung hatten CDU und BSW mit Zustimmung von Linkspartei und SPD bereits vor der ersten Sitzung auf die Tagesordnung setzen lassen. Die Parteien einigten sich auf Dr. Thadäus Rudolf König von der CDU.

Die CDU-Fraktion will nun das Gericht in der Frage entscheiden lassen, ob Abgeordnete die Geschäftsordnung ändern können, bevor ein neuer Parlamentspräsident gewählt ist. Aus ihrer Sicht hat Alterspräsident Jürgen Treutler eine Debatte über den eingebrachten Antrag nicht zugelassen und somit mehrmals gegen die Verfassung verstoßen. Nach Auffassung der AFD kann das Landesparlament erst nach der Wahl eines Landtagspräsidenten über Geschäftsordnungsänderungsanträge Landtagsdirektor Jörg Hopfe erklärte das Verhalten des Alterspräsidenten für rechtswidrig, nachdem Treutler auf § 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags verwiesen hatte. Die CDU-Fraktion kündigte im Einvernehmen mit den anderen Parteien an, den Thüringer Verfassungsgerichtshof anzurufen. Inzwischen liegt diesem der Eilantrag vor. Jürgen Treutler vertagte die Sitzung auf den 28. September 2024. Er geht davon aus, dass bis dahin die Entscheidung des Gerichts vorliegt.

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