FEHLENDE INSEKTEN — EIN WARNZEICHEN FÜR DEN MENSCHEN

Wer nachts aufmerksam durch die Straßen geht, wird sicherlich auch bemerkt haben, dass es um die Lampen herum deutlich ruhiger zugeht als früher. Die Anzahl der umherschwirrenden Insekten hat nämlich deutlich abgenommen. Viele werden das nicht als sonderlich schlimm empfinden, und manche könnten sogar froh darüber sein. Doch es sollte es als ernstzunehmendes Warnzeichen angesehen werden. Eine hohe Anzahl von Großlebewesen auf der einen Seite der Nahrungskette, und ein kleiner werdender Teil am Beginn — Missverhältnisse dieser Art waren in der Erdgeschichte immer das Vorzeichen für einen Umbruch. Die Natur als selbstregulierendes System bringt auf diese Weise neue Arten hervor, in dem sie die scheinbar überlegenen abtreten lässt.

Meistens kommen in der Zeit vor dem Umbruch gleich zahlreiche Krisen auf einmal, was darauf hindeutet, dass es auf mehreren Ebenen bereits eine enorme Schieflage gibt. Das ist auch in der Landwirtschaft und Flächennutzung erkennbar. Inzwischen nimmt der Mensch weite Teile der Erde als Anbaufläche, Wohnfläche, Rohstoffabbaugebiet und Abfallentsorgungsort in Beschlag. Eine richtige Wertschätzung gegenüber dem Ökosystem als Lebensgrundlage ist größtenteils nicht vorhanden. Alles wird nach der Nutzbarkeit bewertet; für die meisten stehen wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund. Erst an dieser Stelle erkennen die meisten überhaupt ein System, obwohl die Wirtschaft nur ein kleines Nebengetriebe im Gesamtsystem ist.

Genau hier liegt aber das Problem: Werden beispielsweise auf fruchtbarer Erde Felder für den Obst- und Gemüseanbau angelegt, ist dieses Land damit im Grunde für alle anderen Arten tabu. Der Mensch beansprucht die betreffenden Flächen und Erträge für sich allein und hält jedes Lebewesen, das nicht in seinem Sinne arbeitet, davon fern. Das Resultat ist eine Unterbrechung im Systems der Energieverdichtung, welches sich in der Nahrungskette verbirgt, was wiederum ein langsames Artensterben zur Folge hat, beginnend mit den Insekten. Da diese die unteren Ränge in der Nahrungskette belegen, ergeben sich über einen längeren Zeitraum zwangsläufig Probleme für die sich noch verhältnismäßig schnell vermehrenden Arten in den oberen Rängen. Es entsteht ein systemische Disharmonie, mit der Folge, dass der „Kalorienstrom“ irgendwann nicht mehr dem Bedarf gerecht wird.

Bei der Flächennutzung ist bislang kein Bewusstsein für die Zusammenhänge und den sich abzeichnenden Kollaps erkennbar. Verbreitet ist sogar noch die Ansicht, Gebiete mit wildem Gestrüpp seien eine Art Leerraum, der noch erschlossen, bebaut und kultiviert werden müsse. Nach Angaben des Umweltbundesamtes hat die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland inzwischen einen Anteil von 14,4 % an der Gesamtfläche. Insgesamt 6,5 % der Gesamtfläche Deutschlands sind versiegelt. Zum Ende des Jahres 1992 lag der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche noch bei 11,5 %, und der Anteil der versiegelten Fläche bei 5,3 %. Auf einen großen Anteil der nichtversiegelten Flächen wird Landwirtschaft betrieben. Doch nur etwa 13 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Deutschland haben einen hohen Naturwert. Bei Ackerflächen liegt dieser Wert sogar unter 1 %. Dies deutet darauf hin, dass bisher nur ein geringer Teil der landwirtschaftlichen Nutzfläche renaturiert oder ökologisch aufgewertet wurde.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*