EINSCHÄTZUNGEN NACH DER WAHL IN FRANKREICH

Zwar hat der „Rassemblement National” sein bislang bestes Wahlergebnis erreicht und wird stärker denn je in der Nationalversammlung vertreten sein, dennoch gelten der Vorsitzende Jordan Bardella und Marine Le Pen als Verlierer. In Deutschland freuen sich Politiker von SPD, Grünen und CDU über das Ergebnis. Zwei Drittel sind für die Demokratie und Europa, meinte etwa Armin Laschet. Doch diese Freude dürfte nicht sehr lange anhalten.

Der „Rassemblement National” wird zur stärksten Einzelpartei im Parlament. Mit Blick auf das Parteienfinanzierungsgesetz kann er sich über deutlich mehr Geld freuen und sich auf die nächste Wahl vorbereiten, bei der mit wesentlich mehr enttäuschten Bürgern zu rechnen ist. In die Rolle des Verlierers gelangte die Partei durch eine politische Strategie, welche das Ergebnis einer Absprache zwischen dem dem Linksbündnis „Neue Volksfront” und Emmanuel Macron war, der mit dem „Ensemble pour la majorité présidentielle” taktisch geschickt vorging. Ziel war es, den „Rassemblement National” zu schwächen und eine mögliche absolute Mehrheit zu verhindern, was auch gelungen ist, obwohl er fast zwei Drittel der Wählerstimmen erhielt. Durch den vereinbarten Kandidatentausch zwischen der „Neuen Volksfront” und dem „Ensemble pour la majorité présidentielle”, einem Bündnis „für die Präsidentenmehrheit”, traten 210 im ersten Wahlgang drittplatzierte Kandidaten bei der Stichwahl nicht mehr an, konkret 130 vom Linksbündnis und 80 vom Präsidentenbündnis. Dadurch kam der jeweils besserplatzierte zum Zuge.

Nun zeichnet sich eine schwierige Regierungsbildung ab. Zunächst hat das Linksbündnis kein gemeinsames Programm. Bekannt ist nur, dass es für die EU einsteht und die Unterstützung der Ukraine befürwortet. Dann sind alle drei Lager einander feindlich gesinnt. Macron bliebe wohl nichts anderes übrig, als ein Kabinett zu bilden, das aus Technokraten besteht, also Experten, hohen Verwaltungsbeamten und Ökonomen. Tendenziell ist es nämlich so, wie die vergangenen Jahre zeigen, dass die Dialogbereitschaft unter Vertretern grundsätzlich verschiedener Ansichten abnimmt. Herannahende Probleme, beispielsweise aufgrund der hohen Staatsverschuldung und dem großen Haushaltsdefizit, werden ohne eine konstruktive Zusammenarbeit zwangsläufig zu einer wachsenden Instabilität führen. Wenn schließlich der Staatsbankrott droht, wird es irgendwann um politische Grundsatzfragen gehen. Das linke Lager hat beispielsweise eine Neigung zur Steigerung der Ausgaben und kann sich eine Finanzierung durch Umverteilungen von oben nach unten vorstellen.

Allgemein gilt, dass in Krisenzeiten schnelle Entscheidungen erforderlich sind. Politiker, die sich zu sehr mit sich selbst beschäftigen, können diese aber nicht treffen. Es drohen chaotische Verhältnisse. In der Not dürfte dann jeder sich selbst der nächste sein. Für Deutschland sind das keine guten Aussichten.

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