Die Umfragewerte für Thüringen deuten auf eine schwierige Zusammensetzung des künftigen Landesparlamentes hin. Im Auftrag der Funke-Mediengruppe befragte INSA im Zeitraum vom 17. bis 24. Juni 2024 eintausend Bürger mit folgendem Ergebnis: AFD 29 %, CDU 22 %, BSW 20 %, SPD 7 %, Die Linke 14 %, Grüne 4 %, FDP 2 %. Mehrheiten für die Bildung einer Regierung wären bei gleichzeitigem Ausschluss der AFD auch dann nur möglich, wenn Parteien mit gegensätzlichen Grundüberzeugungen aufeinander zugehen. Die bisherigen Äußerungen deuten darauf hin, dass es sich in diesem Falle nur um opportunistische Zweckbündnisse oder Verhinderungszusammenschlüsse handeln könnte.
Grüne und FDP werden nach derzeitigem Stand nicht mehr im Landesparlament vertreten sein. Auch die SPD könnte unter die Fünf-Prozent-Hürde fallen. Bundespolitische Themen dominieren nach wie vor alle anderen. Eine immer größere Rolle spielt die mit der Migration zunehmende Gewalt, welche bislang marginalisiert wurde. Die positiven Erfahrungen mit zugewanderten, gut ausgebildeten Menschen können die Bewohner von Plattenbausiedlungen und diversen Wohngegenden nicht teilen. Dort erleben sie sich als Vertreter einer aussterbenden Art, die man nach belieben herabwürdigen kann. Auf das Wahlverhalten wirkt sich aus, dass die Ängste und Bedrohungserfahrungen der immer zahlreicheren Betroffenen häufig unter dem Verdacht des Rechtsextremismus thematisiert werden, was letztendlich tatsächlich zur Radikalisierung führen kann. Während Gruppen, die der Politik nicht genehm sind, und deren Interessen sie nicht mehr vertreten möchte, als Minderheit abgetan werden, finden die Bedürfnisse anderer ausgewählter Minderheiten eine besondere, wertschätzende Berücksichtigung. Vielen Bürgern missfällt zudem die Aufarbeitung der letzten Wahlniederlagen. Die Verlierer gehen im Grunde davon aus, eine bessere Überzeugungsarbeit leisten zu müssen. Die Bürger verstünden die Zusammenhänge nicht, weshalb ihnen die Politik besser erklärt werden müsse.
Alles in allem ist mit einem weiteren Auftrieb von AFD und BSW zu rechnen. Denkbar ist, dass die Europawahl-Ergebnisse von Gera den neuen Verhältnissen am nächsten kommen. Bei einem AFD-Verbot droht einerseits eine Radikalisierung, andererseits ein schwerwiegender politischer Umbruch, sodass insgesamt eine noch herausfordernde Situation entstünde. Vereinfacht dargestellt fangen AFD und BSW eine Mittelschicht auf, die es mit der Fortsetzung der bisherigen Politik, sowohl durch die Transformation als auch durch die Migration, nicht mehr geben würde. Beides können die bisher regierenden Parteien nicht mehr rückgängig machen. Die CDU kann sich derzeit zwar über wachsende Umfragewerte freuen, muss aber damit rechnen, dass sie nach der Landtagswahl, spätestens aber nach der Bundestagswahl im September 2025, als eine Art grüne Partei mit konservativer Maske angesehen wird und viel Unmut auf sich zieht.
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