Die linksliberale Süddeutsche Zeitung hat wieder einen bemerkenswerten Artikel herausgebracht. Es geht um das Wirtschaftswachstum. Für Deutschland sieht es in dieser Hinsicht momentan ja nicht sehr gut aus.
Aber es kommt offensichtlich nur auf die Deutung an. Der Ökonom Dietrich Vollrath von der „University of Houston” in Texas wertet das nachlassende Wachstum nämlich als Zeichen des Erfolgs. Und wie man sich denken kann, ist die Süddeutsche Zeitung der gleichen Ansicht, was sich im Titel „Hurra, das Wachstum sinkt” widerspiegelt.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wachstum-wirtschaft-bip-1.6374983?reduced=true
Ein Ökonom mit einem riesigen Haus in Texas — er beschreibt es gegenüber der Zeitung selbst — meint also, wir hätten einen Punkt erreicht, an dem wir ziemlich satt und zufrieden sind mit dem, was wir haben. Und gleich im nächsten Satz kommt er auf Milliardäre wie Jeff Bezos, Bill Gates oder Warren Buffett zu sprechen, die ja ebenfalls ziemlich satt seien. „Der Lebensstandard verbessert sich rasant”, ist der Ökonom überzeugt. Seinen Ausführungen zur KI ist zu entnehmen, dass Dienstleistungen billiger und viele der dortigen Arbeitsplätze nicht mehr benötigt werden. Dann spricht er über etwas, das seine Denkrichtung zeigt: Das Brottoinlandsprodukt als Maßstab für Wirtschaftswachstum wird „immer unwichtiger, weil wir viel reicher geworden sind”.
In Wirklichkeit ist es aber so, dass „Klimaschutz“ und Wirtschaftswachstum nicht miteinander zu vereinbaren sind. Um die Klimaziele zu erreichen, müsste Deutschland nämlich schrumpfen. Das aber wäre nicht so gut für das Bruttoinlandsprodukt.
Man weiß auch, dass der Abschied vom Wirtschaftswachstum zu Umverteilungen und Konflikten führt, dass anderen etwas weggenommen werden muss, um politische Projekte zu finanzieren. Aber diesen Preis müssen wir zahlen, meint der Ökonom, der sich bei wachsenden Konflikten einfach in sein großes Haus in Texas zurückziehen kann.
Auch anderswo scheint Freude über die sinkende Wirtschaftskraft aufzukommen. Im Nachrichtenkanal NTV wurde gefragt: „Brennt die Industrie lichterloh?” Der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle meint: Wer Staatshilfen will, kann gehen.
Reint Gropp findet nichts schlechtes daran, dass die Industrie aufgrund der strengen Klimaziele abwandert. Ein wichtiger Mechanismus, dies ohne unötig große Kosten zu erreichen, seien Preissteigerungen. Das führe zu einem geringeren Verbrauch. Anschließend geschieht etwas, das der Ökonom am Beispiel BASF erläutert: Die Produktion wird ausgelagert oder zurückgefahren. Aus Klimasicht wolle man das sogar, sagte der Volkswirt und Regierungsberater. Generell werde man es in Deutschland nicht mehr schaffen, möglichst billig ein Massenprodukt herzustellen.
Zusammengefasst passiert also folgendes: Die energieintensive Produktion wandert ins Ausland ab, und die Dienstleister im Inland werden durch die KI dezimiert. Viele Menschen verlieren ihren gutbezahlten Arbeitsplatz, weil es diesen nicht mehr gibt. Was vorher in Deutschland produziert wurde, muss künftig importiert werden. Durch den Klimazoll verteuern sich die Waren und werden für die meisten Menschen unerschwinglich. Die Folge sind komplexe Umverteilungssysteme, damit es nicht zum Aufruhr kommt. Gelder von Leuten mit höheren Einkommen werden in die transferleistungsabhängigen Schichten geleitet, was wiederum die Abwanderung der Leistungsträger beschleunigt. Der Verlust der Wirtschaftskraft ist aber nicht mehr messbar, weil das BIP abgeschafft und durch einen neuen Indikator ersetzt wurde, der zum Beispiel das „Bruttonationalglück” misst.
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/scholz-bruttonationalglueck-bhutan-101.html
Davon jedenfalls war Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Besuch in Bhutan fasziniert — dem ersten klimaneutralen Land der Welt, in dem die meisten Menschen vom Ackerbau leben. Der Indikator erfasst vorwiegend das subjektive Empfinden von „Glück“ und „Wohlbefinden“, wobei die regierende Ebene definiert, was darunter zu verstehen ist.
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