SIND DIE GEGENPROTESTE GELENKT?

Die Teilnehmer wenden sich gegen rechts”, ohne zu definieren, was dieser Begriff umfasst. Damit kann er perspektivisch beliebig erweitert werden.

Eine nicht geringe Anzahl von Menschen beobachtet die jüngsten Proteste, die sich „gegen rechts” wenden, mit Argwohn und vermutet, es handele sich um gezielt herbeigeführte Aktionen, um möglichst viele Menschen zu mobilisieren. Die Skepsis beginnt bereits mit dem Zeitpunkt: Anderthalb Monate lang war nichts bekannt von dem Treffen in Potsdam, obwohl es höchstwahrscheinlich sogar abgehört wurde, die Informationen also längst vorlagen. Als die Proteste der Landwirte sich auszuweiten drohten, und die AFD gleichzeitig immer höhere Umfragewerte erreichte, folgte die Veröffentlichung in einer Weise, die eher dazu dient, möglichst schnell und nachhaltig Ängste zu schüren. Es habe ein Geheimtreffen gegeben, bei dem „Deportationen” geplant wurden, hieß es in vielen Berichten.

Die Frage, warum das Material zu dem Treffen anderthalb Monate lang zurückgehalten wurde, wo es doch um die Gefährdung des Staates und der Demokratie ging, wird dann eher in ausländischen Zeitungen gestellt. Man empfindet es zudem als seltsam, dass es die Regierung ist, welche zu Demonstrationen aufruft. Denn in der Regel richteten sich Demonstrationen gegen die Regierung, so die Beobachtung.

Regierungen würden nur dann zu Demonstrationen aufrufen und ihre Anhänger mobilisieren, wenn sich auf der anderen Seite ein erheblicher Teil der Bürger gegen sie auflehnt. Das wiederum komme aber nur in totalitären Systemen vor, nicht in demokratischen. Deshalb wird vielfach auch die Frage gestellt, ob es sich hierzulande wirklich noch um eine ehrliche Demokratie handelt, wenn Wahlversprechen nicht bindend sind und die gewählten Volksvertreter plötzlich völlig anderslautende Entscheidungen treffen.

Wer selbst nicht von den negativen Auswirkungen dieser Entscheidungen betroffen ist, kann meistens auch nicht nachvollziehen, warum sich plötzlich so viele Menschen von der Regierung abwenden. Wegen der Gefahr von „rechts” sehen sie sich schließlich dazu veranlasst, gemeinsam mit Vertretern von Regierungsparteien für die Regierung zu demonstrieren. Dass auch hier demokratiefeindliche Gruppen mitlaufen, möglicherweise sogar mit Steuergeldern finanziert, wird nicht bemerkt. Man bestätigt sich gegenseitig darin, auf der richtigen Seite zu stehen und will „gegen rechts” vorgehen, ohne genau zu definieren, was dieser Begriff alles beinhaltet. Damit gilt heutzutage für einige bereits als „rechts”, wer die Corona-Maßnahmen und die Migration kritisiert, den menschlichen Anteil Klimawandel hinterfragt oder für Frieden in der Ukraine eintritt. Alles findet sich in derselben Schublade wieder, die auch der Begriff „Rassismus” beinhaltet.

Die frühere Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld erinnert das Geschehen gar an die letzten Tage der DDR, als die SED zu Massendemonstrationen gegen machtgierige Rechtsextremisten aufrief, nachdem das Ehrenmal für gefallene sowjetische Soldaten in Berlin-Treptow mit Farbe besprüht worden war. Als einige Wochen später die Zentrale der Staatssicherheit gestürmt wurde, fand man dort Sprühflaschen.

Andere sehen in den heutigen Massendemonstrationen eine Ansammlung selbstgefälliger Doppelmoralisten, die nicht zu kritischen Eigenreflexionen fähig sind, immer die Bestätigung brauchen, auf der richtigen Seite zu stehen, und Begriffe wie „rechts” und „Faschismus” weder definieren noch auseinanderhalten können.

Kommt es irgendwann tatsächlich zu Ausgrenzungen, weil eine Äußerung nicht den vorherrschenden Dogmen entspricht, könnte das unter Umständen auch daran liegen, dass diese Begriffe einzig zur Etikettierung verwendet werden — für eine Kiste, in die man beliebig viele unliebsame Positionen hineinstecken an, um sie dann loszuwerden. Wer könnte daran ein Interesse haben?

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