Warum die Demokratie im Chaos endet und in den Totalitarismus führt.
Umbrüche kamen in der Menschheitsgeschichte schon häufiger vor. Sie können unterschiedlich lange dauern und haben immer einen anderen Wirkungsradius. Es gibt aber mehrere Gemeinsamkeiten, an denen man sich orientieren kann: Die alte Ordnung funktioniert nicht mehr, nachdem man sie für die fortschrittlichste gehalten hatte. Es entwickeln sich chaotische Zustände; die Lebensbedingungen werden schlechter. Dann kommt eine Leitfigur, verbreitet Hoffnung und gibt gibt Versprechen ab. Das kann ein Heilsversprechen wie im Mittelalter sein, mit einer immateriellen Leitfigur, oder ein Wohlstandsversprechen durch einen real existierenden Menschen. Die breite Masse hofft auf eine neue, bessere Ordnung und macht sich die Ideologie zu eigen.
Der Zeitpunkt des Umbruchs ergibt sich durch die Verteilung des Kapitals, wenn immer mehr „von unten nach oben gewirtschaftet“ wurde, und nun ein riesiges Ungleichgewicht entstanden ist. Dann wird der Ruf nach einer Umverteilung laut. In der Geschichte ist es immer ein Wechselspiel. Einmal befürwortet man den Individualismus, die freie Selbstentfaltung und das Recht des Stärkeren, dann den Kollektivismus, das Recht der Schwachen und die Rückverteilung des Geldes in die unteren sozialen Schichten. Wer viel hat, soll viel geben.
Doch die Umverteilung des Kapitals von oben nach unten funktioniert nicht. Weil der Wohlhabende seine akkumulierten Werte nicht freiwillig wieder hergibt, der Begabte nicht für die Unfähigen arbeiten will, wird ein System von Narrativen, Dogmen und Zwängen errichtet. Damit beginnt allmählich der Totalitarismus, mit folgenden Merkmalen:
Man will eine neue Gesellschaft schaffen.
Es gibt Dogmen (nicht zu hinterfragende Wahrheiten).
Es gibt eine Ideologie, ein Paradiesversprechen oder eine Utopie, nach der das Handeln ausgerichtet wird.
Die Begabten wandern sodann aus, die Unfähigen und Minderbemittelten bleiben zurück. Der Wohlstandsverlust ist dadurch nicht mehr aufzuhalten. Betrachtet man den gesamten Entwicklungsprozess aus großer Entfernung, ergibt sich folgendes Ablaufmuster:
I. Demokratie, Ausweitung der Mitbestimmung, zunehmende Anzahl von Entscheidern
II. bunte Gesellschaft (Platon), größtmögliche Freiheiten, Sittenverfall
III. Minderbegabte erreichen immer höhere Posten
IIII. zunehmendes Chaos und langsame Verarmung (Wohlstandsansprüche bei nachlassender Arbeitsmotivation)
V. „panem et circenses“, um die Massen ruhig und der Regierung gewogen zu halten
VI. Unruhe auf der Straße; Zersplitterung der Parteienlandschaft; Kleinstparteien, Gruppierungen, Bewegungen, die gegen die Herrschenden reden und Untergänge prophezeien
VII. Ruf aus der chaotischen Gesellschaft nach Wiederherstellung der Ordnung, nach Führung
VIII. jemand kommt, verspricht eine neue Ordnung mit Wohlstands- oder Heilsversprechen
IX. kostenintensive ideologische Projekte, Abverlangen von Bekenntnissen
X. Kapitalnahme bei Gruppen innerhalb der Gesellschaft, die der neuen Lehre nicht entsprechen oder nicht nach dieser handeln (Ablassbriefe, Abgaben, Enteignungen)
XI. Staatspleite; Leitfigur hat kein Geld, um die kostspieligen Versprechen zu halten
XII. Raub (Wegnahme anderer Länder Ressourcen ohne Erlaubnis = Krieg)
Für den klassischen Verlauf fehlt derzeit noch die charismatische Leitfigur oder eine Leiterscheinung, die alle in ihren Bann zieht und der sie bedingungslos folgen. Somit bleibt der Umbruch in seinem Fortgang derzeit zwischen Phase 7 und 8 stehen. Das Land wirkt wie ein führungsloses Boot bei stürmischer See, das dereinst vielleicht sogar von anderen erobert werden könnte. Der „charismatische Führer“ ist entscheidend, weil sonst das Dogma nicht fruchtet und die Leute gegen die auferlegten Lasten aufbegehren. Ein Dogma kann auch nicht ewig aufrechterhalten werden, da dies zunehmend mehr Aufwand erfordert, bis es schließlich doch noch von der Wahrheit eingeholt wird. Wahrscheinlich wird es daher keine Umbruchphase wie 1929 bis 1933 werden, sondern eher wie 380 bis 600 nach Christus, mit einem Zusammenbruch der alten Ordnung, einem Verfall der Infrastruktur, einem Rückgang der Allgemeinbildung, dem Einfall fremder Völker, Machtkämpfe und einer völligen Unklarheit darüber, wer gerade herrscht und welches Recht gilt.
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