Die AFD-Fraktion im Thüringer Landtag hatte am 18. Januar 2024 nach Zwötzen zu einem Bürgerdialog eingeladen. Die Veranstaltung stand zwar unter der Überschrift „Asylchaos in Gera”, hatte aber mehr Bezug zur Bundespolitik und dürfte mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen stattgefunden haben. Als der Bericht des Netzwerkes „Correctiv” erschien, stand der Termin für Gera bereits fest. Die bekanntgewordene Zusammenkunft in Potsdam, an der verschiedene Vertreter aus dem politisch rechten Spektrum teilgenommen hatten, führte dazu, dass mehr Menschen in Zwötzen gegen die AFD und ihre Redner protestierten, als es wohl sonst der Fall gewesen wären. Vermutlich wäre bei der Kälte auch gar niemand gekommen.
Die AFD fürchtet offenbar negative Auswirkungen auf die Umfragewerte und die Wahlergebnisse. Auf ihrer Facebook-Seite weist sie eiligst darauf hin, dass „Correctiv” von der Bundesregierung, der Open-Society-Foundation und Mercator gefördert wird. Derzeit befindet sich die Partei in einem Höhenflug. Björn Höcke hält es sogar für möglich, Ministerpräsident von Thüringen zu werden. Doch es kommt immer stärkerer Gegenwind auf. Gleich zu Beginn seiner halbstündigen Rede ging Höcke deshalb auf die Veröffentlichung von „Correktiv” ein, beklagte eine Ungleichbehandlung in den Medien und schlechten Journalismus. Es wundere ihn daher auch nicht, dass die alternativen Medien immer stärker werden.
Bezogen auf die Gegendemonstranten meinte er, eine Zivilgesellschaft, die vom Staat beauftragt und finanziert werde, sei keine Zivilgesellschaft. Und Deutschland sei im Jahre 2024 keine funktionierende Demokratie mehr. Dass die Regierung zu einer Demonstration aufrufe und versuche, die Opposition zu diffamieren und zu beschädigen, nannte er eine besorgniserregende Entwicklung.
Dann kam er auf die „Remigration“ zu sprechen. Es sei ein Begriff aus der Wissenschaft. Auch in anderen Ländern wie Schweden rede man darüber. Björn Höcke sprach von einer gigantischen wirtschaftlichen Belastung durch diese Einwanderung und bezog sich auf Zahlen des Wirtschaftswissenschaftlers Bernd Raffelhüschen. Auch kritisierte er, wofür Deutschland Geld ausgibt und nannte jährlich 50 Milliarden Euro für die illegale Einwanderung, 30 Milliarden für Brüssel sowie 30 Milliarden für die Energiewende. Obendrein habe Robert Habeck beim Weltwirtschaftsforum ein Aufbauprogramm für die Ukraine mit einer Investitionssumme von 400 Milliarden Euro angekündigt, wobei Deutschland für ausländische Unternehmen, die in der Ukraine investieren, Staatsbürgschaften ausstellen wolle, um deren Ausfallrisiko abzusichern. Der deutsche Steuerzahler dürfe für Blackrock und Co., die sich in der Ukraine eine goldene Nase verdienten, bluten. Und wenn das Projekt scheitere, weil der Staat so grundkorrupt ist, dann werde das Scheitern von den deutschen Steuerzahlern aufgefangen. Rhetorisch fragte er auch, ob das Weltwirtschaftsforum überhaupt eine demokratisch legitimierte Institution sei. Mit 400 Milliarden Euro könnte man das deutsche Rentenniveau über zehn Jahre um etwa zehn Prozent erhöhen, sagte Höcke.
Die Ausgaben für Entwicklungshilfe erachtet der Vorsitzende des AFD-Landesverbandes ebenfalls als zu hoch. Jährlich seien es mehr als 61 Milliarden Euro. Das erwirtschaftete Geld werde mit vollen Händen in die ganze Welt verteilt, so Höcke. Was der Nutzen für die Deutschen sei, werde überhaupt nicht mehr gefragt.
Zum Krieg in der Ukraine meinte er, dieser habe einen jahrzehntelangen Anlauf, der nach seiner Überzeugung auf westlicher Seite begann. Aber die Russen seien auch keine Waisenknaben, und ihr Angriff völkerrechtswidrig. Höcke zitierte den schweizerischen Publizisten Roger Köppel, der gesagt haben soll, alle Großmächte seien Raubtiere. Die Deutschen müssten nun ihre Interessen definieren, dabei ihre geopolitisch sehr schwierige Lage bedenken, und darauf hinwirken, dass Europa in Zukunft immer eigenständiger werde, um sich vom hegemonialen Einfluss der USA emanzipieren zu können. Weil dort die Hälfe der Menschen ebenfalls mit der Regierung unzufrieden sei, geht er von einem Wahlsieg Donald Trumps aus. Dieser sei zwar ein knallharter Geschäftsmann, aber als solcher berechenbar, ist der AFD-Landesvorsitzende überzeugt. Wäre er Bundeskanzler, würde seine erste Auslandsreise aber nach Moskau führen, sagte Höcke und genoss den tosenden Applaus. Dort würde er über eine neue Wirtschaftspartnerschaft verhandeln.
Dann beschrieb er seine Ansätze für die Landespolitik: „Wenn die AFD regierte, dann würde es für jedes neugeborene Kind von in Thüringen gemeldeten Eltern ein Begrüßungsgeld in Höhe von 10’000 Euro geben.” Über eine Zeitraum von fünf Jahren würde dieses in 2000-Euro-Raten als Steuergutschrift ausgezahlt, erklärte Höcke. Denn man müsse und dürfe nicht auf Einwanderung setzen, sondern auf eigene Fachkräfte.
Im Bürgerdialog sprach Höcke über eine Kündigung des Medienstaatsvertrages und eine Verkleinerung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der dann über Steuern anstatt Gebühren finanziert werden soll. Zuvor hatte Stefan Möller erklärt, warum es die Unvereinbarkeitsliste gibt. Es bestehe die Gefahr, dass V-Leute hinzukommen, die Partei unterminieren und radikale Äußerungen provozieren. Fragen gab es unter anderem auch zum Staatsbürgerschaftsrecht und zur Justiz, die von politischen Einflüssen befreit werden soll.
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