Um den Haushalt des laufenden Jahres verfassungsrechtlich abzusichern, hat sich das Bundeskabinett am 27. November 2023 auf einen Nachtragshaushalt geeinigt. Die bereits genutzten Kredite in Höhe von 44,8 Millionen Euro, wovon 43,2 Millionen dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds und 1,6 Millionen dem Aufbaufonds für Gebiete des Hochwassers 2021 zugerechnet werden, sollen so legitimiert werden. Insgesamt ist für dieses Jahr eine Neuverschuldung von 72,2 Milliarden Euro geplant. Hierfür muss jedoch die Schuldenbremse ausgesetzt werden, was voraussetzt, dass per Bundestagsbeschluss eine „außergewöhnliche Notlage“ erklärt wird. Die Abstimmung wird voraussichtlich am 13. Dezember stattfinden. Für eine Änderung oder Abschaffung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Diese ist jedoch nicht erkennbar.
Der Grund für das Vorgehen ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023. In der Corona-Zeit wurden nicht alle bereitgestellten Hilfen genutzt. Übrig blieben Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro. Mit dem zweiten Nachtragshaushalt für 2021 wurden diese vom Kernhaushalt zum Klima- und Transformationsfonds übertragen. Das allerdings war rechtswidrig, stellte das Bundesverfassungsgericht fest. Die Bundesregierung geht davon aus, dass auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds nicht verfassungskonform ist. Weitere 200 Milliarden Euro sind dadurch nicht verfügbar.
Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am 28. November 2023 in seiner Regierungserklärung, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts schaffe eine neue Realität. Zuvor hatte er darauf hingewiesen, dass die Länder ähnliche Sondervermögen wie der Bund nutzen. Scholz sprach rechtfertigend von außergewöhnlichen Ereignissen wie der Delta-Welle, der Sprengung der Erdgasleitungen, den Krieg in der Ukraine und den von dort kommenden Flüchtlingen. Deutschland sei der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine — auch bei den Waffenlieferungen. Diese Unterstützung sei von existenzieller Bedeutung sowohl für die Ukraine als auch für Europa. Nach Ansicht des Bundeskanzlers sind die großen Modernisierungsvorgaben des Landes nicht hinfällig geworden. Man sei mitten im Aufbruch in eine neue Ära, vergleichbar in seiner Dimension nur mit dem Aufbruch in das Industriezeitalter.
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