PALÄONTOLOGIN AUS ARGENTINIEN UNTERSUCHT SPURENFOSSILIEN IN GERA

Dr. Carolina Gutiérrez halt im Museumsdepot ein Exemplar des Spurenfossils Dictyodora aus Wurzbach in der Hand. Hinter ihr befinden sich die Schubkästen mit den Spurenfossilien. (Bild: Museum für Naturkunde Gera/Frank Hrouda)

Vom 8. bis zum 12. November 2023 empfängt das Museum für Naturkunde einen besonderen Gast. Frau Dr. Carolina Gutiérrez aus Buenos Aires/Argentinien führt die Wissenschaft nach Ostthüringen, da ihr Forschungsgebiet sogenannte Spurenfossilien sind, von denen das Geraer Museum für Naturkunde zahlreiche Exemplare in seiner Sammlung aufbewahrt. Arbeitskonsultationen von nationalen und internationalen Wissenschaftlern dienen dem Museum für Naturkunde immens, da so die Bewertung von Sammlungsgut auf aktuellem wissenschaftlichem Stand gehalten werden kann. Außerdem werden in der Folge immer wieder Stücke der Museumssammlung in weltweit zugänglichen Publikationen beschrieben und abgebildet, wodurch das Sammlungsgut der gesamten internationalen Wissenschaftsgemeine zugänglich gemacht wird. Schließlich ergibt sich der Wert einer naturkundlichen Sammlung auch dadurch, wie mit ihr gearbeitet wird.

Spurenfossilien, die in der Fachwelt Ichnofossilien genannt werden, sind versteinerte Spuren von ehemals existierenden Lebewesen. Sie dokumentieren die Bewegungen eines Tieres als es noch lebte. Die Art dieser Spuren kann sehr vielfältig sein; Trittsiegel, Weidespuren, Fressspuren, Wohnspuren oder sogar Raubspuren. In den alten paläozoischen Gesteinen Ostthüringens sind vielfältige solche fossilen Spuren bekannt, so zum Beispiel aus dem Erdzeitalter Ordovizium bei Wünschendorf, aus dem Devon von Zeulenroda und aus dem Karbon von Wurzbach. Da die Fossilien zum Teil recht häufig sind, haben sich schon viele Wissenschaftler und Heimatforscher damit beschäftigt. So haben z. B. 1867 der Geraer Gymnasialprofessor Karl Theodor Liebe (1828-1894) und der in Altenburg geborene Geologe, Mineraloge und Paläontologe Hanns Bruno Geinitz (1814-1890) eine wissenschaftliche Arbeit über einige dieser Spurenfossilien verfasst. In ihrer Veröffentlichung bildeten sie einige sehr skurrile Spurenfossilien aus dem Raum Lobenstein und Wurzbach ab, wenn auch ihre Interpretation damals eine ganz andere als die heutige war.

Dr. Carolina Gutiérrez studierte an der Universität Buenos Aires Paläontologie. Ein besonderer Interessensschwerpunkt waren dabei Spurenfossilien. Beim Studium der vielfältigen Literatur, wie auch der von Liebe und Geinitz, kam Carolina Gutiérrez schon im Jahr 2020 in Argentinien auf den Gedanken, im Geraer Museum für Naturkunde anzufragen, ob die in den Veröffentlichungen abgebildeten Fossilien heute noch in Gera existieren würden. Da ein Teil der Stücke die vielen Jahrzehnte und die Kriegswirren überstanden hatte, gab es schon im Februar 2020 Pläne für einen Besuch in Gera. Durch die Corona-Zeit zerschlugen sich jedoch die damaligen Reisepläne. In der Zwischenzeit widmete sie ihre Doktorarbeit den Nereites-Spurenfossilien aus der Provinz Mendoza im Westen Argentiniens. Aktuell arbeitet die Paläontologin für das Instituto de Estudios Andinos (IDEAN) des Nationalen Rats für wissenschaftliche und technologische Forschung in Argentinien (CONICET). Darüber hinaus lehrt sie im Rahmen einer Postdoktorstelle an der Faculty of Exact and Natural Sciences der Universität Buenos Aires

Im Frühjahr 2023 nahmen auch ihre Pläne zum Besuch Geras wieder Fahrt auf. Um die junge Wissenschaftlerin zu unterstützen, ihre nun endlich nachgeholte Forschungsreise zu realisieren, hat sich der Verein „Geraer Mineralien und Fossilienfreunde e. V.“ dafür engagiert, eine geeignete Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Eine Geldspende in Höhe von 200 Euro für diesen Zweck erhielt der Verein vom Abgeordneten des Thüringer Landtages Daniel Reinhard, Die Linke, wodurch eine Ferienwohnung in der Nähe des Museums gebucht werden konnte.

Ein besonderes Forschungsinteresse widmet Carolina Gutiérrez dem Spurenfossil Dictyodora, das auch im Süden Geras gefunden wurde. Karl Theodor Liebe und der in Gera geborene Geologe Ernst Zimmermann (1860-1944) schickten 1884 Fundstücke aus Gera zu Christian Ernst Weiss (1833-1890) nach Berlin, der erstmals den Gattungsnamen Dictyodora für dieses Fossil vorschlug. Ernst Zimmermann ist in den Jahren 1882 und 1889 die erste aktuelle Interpretation von Dictyodora zu verdanken. Gerade die Fundstellen im Süden Geras, an denen Liebe und Zimmermann im 19. Jahrhundert das Spurenfossil Dictyodora bereits fanden, sind für Carolina Gutiérrez sehr interessante. In Begleitung eines Museumsmitarbeiters, dem erst vor wenigen Jahren aktuelle Funde des Fossils in Gera-Pforten gelangen, wird die Argentinierin während ihres Aufenthalts auch in Pforten und Liebschwitz auf Spuren-Fossiliensuche gehen.

QUELLE: STADTVERWALTUNG

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