Europäische Waldelefanten existierten von vor 900’000 bis vor 33’000 Jahren. Während einiger Warmphasen im Eiszeitalter drangen die Tiere bis weit nördlich der Alpen vor.
Nachdem es im Jahr 2022 gelungen war, einige 1874 in der Lindenthaler Hyänenhöhle gefundene Backenzähne des Wollhaarmammuts aus der Sammlung des Museums für Naturkunde konservatorisch behandeln zu lassen, konnte nun ein noch größerer Zahn für die Zukunft gesichert werden. Mit 40 Zentimetern Länge und 4,92 Kilogramm ist dieser noch länger und schwerer. Es handelt sich um einen gewaltigen Backenzahn des Europäischen Waldelefanten. Der niederländische Mammutexperte Dick Mol war so hilfsbereit, das Fossil noch näher zu identifizieren. Er erkannte, dass es sich um den dritten Backenzahn des rechten Unterkiefers handelt – dritter deshalb, weil das der dritte und letzte Backenzahn einer Abfolge ist, den ein Elefant im Laufe seines Lebens bekommt. Der Zahn stammt also von einem älteren Tier.
Durch den Verein „Geraer Mineralien- und Fossilienfreunde“ konnte auch für diesen Zahn eine professionelle und nachhaltige präparationstechnische Spezialbehandlung in der „PalaeoWerkstatt Henssen“ in Goch ermöglicht werden. Sämtliche Fremdmaterialien wurden von der Präparatorin Susanne Klein behutsam und vollständig entfernt. Dazu wurde der Backenzahn vorsichtig gewaschen und gebürstet. Anschließend erfolgte die zwölfstündige Trocknung im Wärmeschrank. Dann lag der Zahn in sechs Einzelteilen vor, die mit einem sachgerechten Kleber zusammenzusetzten waren. Danach wurde der Zahn mit Silikonkautschuk ummantelt. Anschließend wurde der Zahn mittels einer Öffnung in der Silikonummantelung mit eingefärbtem, flüssigem Epoxidharz getränkt. Als Folge füllten sich damit alle Risse, Spalten und Hohlräume mit dem Harz, was nach dessen Aushärtung einen sehr festen Zusammenhalt des Zahns für einen sehr langen Zeitraum garantiert. Nach dem Entfernen der Silikonschicht musste dann die Oberfläche der äußerlich sichtbaren Epoxidharzfüllungen mit Fräsern bearbeitet werden.
Europäische Waldelefanten existierten etwa von vor 900’000 bis vor 33’000 Jahren. Sie besiedelten parkähnliche Landschaften und Laubwälder südlich der Alpen. Während einiger Warmphasen im Eiszeitalter drangen die Tiere jedoch bis weit nördlich der Alpen vor. Europäische Waldelefanten waren deutlich größer als das Wollhaarmammut und auch größer als der heutige Afrikanische Steppenelefant. Er gehört damit zu den größten Rüsseltieren, die je auf der Erde gelebt haben. Männchen konnten eine Schulterhöhe von bis zu 4,2 Meter und eine Masse von sechs bis maximal elf Tonnen erreichen.
Gefunden wurde der Zahn um das Jahr 1900 in der Kiesgrube von Albert Ködel im heutigen Weißenfelser Ortsteil Uichteritz. Er war dort beim Abgraben des Kieses aus einer mit feinem Sand und graugrünem Ton ausgefüllten Schicht herausgefallen. Professor Karl Löscher aus Gera konnte ihn für vier Mark erwerben – ein Preis, den er damals für günstig hielt. Karl Gustav Löscher wurde am 25. Januar 1861 in Weißenfels geboren. Er studierte seit 1879 in Jena und Halle Mathematik und Naturwissenschaften. Zu Ostern 1891 wurde er im Alter von 30 Jahren an das Fürstliche Gymnasium in Gera berufen. Als Nachfolger von Hofrat Professor Dr. Karl-Theodor Liebe wurde er dort auch mit der Verwaltung der Geologischen Landessammlung betraut und auf Schloss Osterstein am 8. September 1908 von Fürst Heinrich XIV. Reuß j. L. zum Professor ernannt. Aus diesem Grunde erwarb Löscher den Zahn nicht für private Zwecke, sondern für jene Geologische Landessammlung am Fürstlichen Gymnasium Rutheneum in Gera, die ursprünglich 1858 durch Fürst Heinrich XIV. Reuß j. L. in Gera gegründet wurde. Ziel war es, alle geologischen Besonderheiten des Fürstentums Reuß jüngere Linie zusammenzutragen und vor allem für wissenschaftliche Forschung zur Verfügung zu stellen. Dass Löscher einen Zahn mit einem Fundort außerhalb der Landesgrenzen erwarb, lag sicher an seinem ausgeprägten persönlichen Interesse für das Eiszeitalter und die entsprechenden Tiere dieser Zeit.
Im Jahr 1912 wurde der Zahn dann auch in einer Veröffentlichung des Paläontologen Wolfgang Soergel beschrieben und sogar abgebildet. Bereits auf dem Foto aus dem Jahr 1912 sind Schäden und die entsprechenden Reparaturen am Zahn zu erkennen. In den nachfolgenden mehr als einhundert Jahren hatte sich der Zustand weiter verschlechtert. Der zwischenzeitlich aufgebrachte Knochenleim blätterte ab und Bruchstellen am Zahn, die mit einer weißen, nicht weiter bestimmten Spachtelmasse verfüllt wurden, waren wiederum gebrochen, so dass der Zahn schon in Einzelteile zerbrochen war.
Nun ist der Zahn stabil und sieht wahrscheinlich besser aus als jemals zuvor nach seinem Fund vor mehr als 120 Jahren.
QUELLE: STADTVERWALTUNG
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