Beim Blick auf die Gästeliste von Markus Lanz war eigentlich schon klar, worauf die Sendung vom 25. Mai 2023 hinauslaufen sollte. Eingeladen waren Mojib Latif, Klimaforscher und Präsident der Deutschen Gesellschaft Club of Rome, die Journalistin Melanie Amann vom Magazin „Der Spiegel“, welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, die AFD zu entlarven, und Steffen Kotré, energiepolitischer Sprecher der AFD-Fraktion im Bundestag.
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Aus Sicht des Magazins „Cicero“ handelte es sich dabei um einen beschämenden Schauprozess. Anstatt um das Thema sei es vor allem darum gegangen, den AFD-Politiker Steffen Kotré mit zweifelhaften Methoden vorzuführen. Andere Zeitungen wiederum beschreiben Kotré als einen Gast, der keine Fakten zulässt und den gesellschaftlichen Diskurs vergiften will. Die von Melanie Amann festgestellte „schiefe Ebene“ in der Auseinandersetzung (26:47) entstand allein durch die Auswahl der Gäste und war offenbar gewollt. Dadurch konnte weder eine politische noch eine wissenschaftliche Diskussion entstehen. In dieser Konstellation mit zwei konträren Standpunkten ist das Ergebnis dann leicht vorhersehbar: Wird ein Wissenschaftler eingeladen, der Faktenverkünder und Verbreiter von Schreckensszenarien (6:20) zugleich ist, hat ein Politiker, der sich nicht in die gewünschte Richtung treiben lässt, praktisch keine Chance mehr. Er muss dann zumindest mit einer Herabwürdigung rechnen.
Durch das zahlenmäßige Verhältnis der Diskussionsteilnehmer wirkte die Sendung, als seien dort zwei Gäste in Stellung gegen einen gebracht worden, mit dem Moderator als koordinierendes Verbindungsglied. Genau das missfällt immer mehr Zuschauern — auch in anderen Talksendungen. „Das ist doch dummes Zeug“ (19:11), meinte Latif zu Kotré, als dieser sagte, viele Wissenschaftler wagten nicht mehr, sich zu äußern. Zuvor hatte der Klimaforscher mit einer besonderen Intonation dargelegt, wie dramatisch die CO₂-Situation in der Atmosphäre ist (11:18):
„Wenn wir jetzt den CO₂-Gehalt der Luft nehmen — der ist heute schon so hoch, wie er noch nie gewesen ist, während der letzten drei Millionen Jahre. Und alleine deswegen müssen schon die Alarmglocken schrillen.“
Drei Millionen Jahre sind erdgeschichtlich allerdings kein langer Zeitraum. Inzwischen wissen viele Zuschauer, dass damals ein extrem tiefes Niveau erreicht wurde und der CO₂-Gehalt zuvor meistens sehr viel höher war als heute. Warum der Klimaforscher ausgerechnet diesen kleinen CO₂-Betrachtungszeitraum ausgewählt hat, erklärt er nicht, schaut also nur bis in die „vorindustrielle Zeit“ bzw. die Eiszeit zurück, und spart alle anderen Erdzeitalter, vom Kambrium bis zum Pliozän, wohlweislich aus. Wie hoch war denn da der CO₂-Gehalt? Auf so manchen Zuschauer wirkte der Klimaforscher mit seinen Ausführungen wie ein raffinierter Manipulant.
Dass er den Zusammenbruch der Ostindustrie als einen Glücksfall (12:38) ansieht — natürlich nur für das Klima, wie Lanz ihm stützend zur Seite sprang — dürfte im Osten, wo sich die AFD besonders im Aufwind befindet, kaum jemanden gefallen haben. Obwohl Kotré nicht besonders sachkundig, schlecht vorbereitet und rhetorisch unterlegen wirkte, und Amann ihn als einen inkompetenten Populisten (42:30) bezeichnete, hat die Sendung der AFD eher genützt.
Lanz fällt anderen gern ins Wort, lässt sie oft nicht ausreden — das ist nicht neu und bringt ihm reichlich Kritik ein. Auch mit anderen Gästen geht er mitunter recht unbarmherzig um und stellt manchmal sogar Fragen, die man von ihm nicht erwartet hätte. Zuletzt vermuteten einige Zuschauer deshalb, dass er seinen Glauben an das System langsam zu verlieren beginnt. Diente die Sendung also nur dazu, diesem Verdacht entgegenzuwirken?
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