Während der Bedarf an Wohnraum steigt, geht die Bautätigkeit zurück. Die Bundesregierung verfehlt ihr Wohnungsbauziel.
Wegen gestiegener Zinsen und Materialkosten ist beim deutschen Wohnungsbau ein starker Rückgang zu verzeichnen. Wie das Statistische Bundesamt meldet, sank die Zahl der erteilten Baugenehmigungen im März 2022 so stark wie seit 16 Jahren nicht mehr. Es wurden nur noch 24’500 Wohnungen genehmigt, und damit 10’300 bzw. 29,6 % weniger als ein Jahr zuvor. Die Zahl sinkt bereits seit Mitte Mai 2022 stetig. Der nächstliegende stärkere Rückgang war im März 2007 mit minus 46,5 %.
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/05/PD23_192_3111.html
Bereits Anfang Mai 2023 hatte der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks vor einbrechenden Auftragsvorläufen wegen steigender Zinsen und höherer Finanzierungskosten gewarnt. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe stellt fest, dass insbesondere im Wohnungsbau die Nachfrage sinke. Grund seien das deutlich erhöhte Niveau der Immobilien-Finanzierungskosten bei abgesenkter Föderung und zugleich gestiegenen Energieeffizienzanforderungen.
Der größte deutsche Immobilienkonzern, Vonovia, hat alle für 2023 vorgesehenen Neubauprojekte unterbrochen. Rolf Eberhard Buch, Vorstandvorsitzender des Unternehmens, erklärte am 17. Mai 2023 im Deutschlandfunk, bei den derzeitigen Baukosten ergebe sich eine Miete pro Quadratmeter von 18 bis 20 Euro. Das könne sich kaum jemand leisten. Die staatlichen Bauvorgaben machten derzeit 40 % der Baukosten aus.
Nach Einschätzung von Robert Feiger, Vorsitzender der Gewerkschaft IG Bau, sind die Bedingungen für den Neubau von Wohnungen in Deutschland so schlecht „wie noch nie seit dem letzten Weltkrieg“. Das sagte er gegenüber der Augsburger Allgemeinen Zeitung. Derzeit gebe es einen „toxischen Mix“ aus einem hohen Wohnungsbedarf, hohen Baukosten, einer Vervierfachung der Bauzinsen innerhalb eines Jahres, und extrem hohe Hürden beim Bauen aufgrund von Auflagen und Vorschriften, führte er aus.
In Deutschland sollten pro Jahr 400’000 Wohnungen geschaffen werden. Experten gehen von höchstens 250’000 in diesem Jahr aus. Insgesamt fehlen mehr als 700’000 Wohnungen. Die Zahl freier und bezugsfertiger Wohnungen wird, mit Berücksichtigung der gegenwärtigen Belegungen durch Flüchtlinge, auf derzeit 600’000 geschätzt. Diese befinden sich allerdings häufig in weniger gefragten Regionen, zum Beispiel in kleinen Städten oder abgelegenen Dörfern.
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