Die Zahl der nach Europa und Deutschland kommenden Menschen steigt weiter an. Es droht eine Überlastung. Für den 10. Mai 2023 ist hierzu ein Bund-Länder-Treffen im Kanzleramt geplant. Im Vorfeld werden Positionen definiert.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, Linkspartei, spricht sich dafür aus, Asylbewerber pauschal anzuerkennen. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er am 5. Mai 2023, Voraussetzung für eine pauschale Anerkennung sei, dass die betreffenden Personen mindestens drei Jahre ohne Beanstandungen in Deutschland gelebt hätten. So könne man sich „die ganze Bürokratie und die Abschiebedebatten sparen“ und müsse auch keine Arbeitskräfte mehr anwerben. Wer einen Asylantrag abgegeben habe und über Jahre hinweg hier lebe, solle seinen Antrag zurücknehmen, präzisierte Ramelow in einer Stellungnahme, die auch im ZDF ausgestrahlt wurde. Dann werde geprüft, ob der Betroffene nach den Kriterien der Arbeitsmigration dauerhaft bleiben könne. Erneut forderte er zudem vom Bund, den Ländern und Kommunen finanziell mehr bei der Bewältigung der Lasten zu helfen.
Bislang kamen eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland. Monatlich kommen etwa 20’000 weitere Menschen aus anderen Ländern hinzu. Finanziell und strukturell droht eine Überforderung.
Vor dem Bund-Länder-Treffen am 10. Mai 2023 im Kanzleramt zum Thema Flüchtlingspolitik positionieren sich die Teilnehmer. Innenministerin Faeser, SPD, sagte gegenüber dem „Handelsblatt“, bereits an den EU-Außengrenzen solle für eine verlässliche Identifizierung, Registrierung und Überprüfung von Asylbewerbern gesorgt werden. Dort seien verstärkte Kontrollen notwendig. Finanzminister Lindner, FDP, äußerte gegenüber den Fernsehsendern RTL und NTV, auch der physische Schutz der Außengrenze, etwa in Form eines Grenzzaunes, müsse in Betracht gezogen werden. Zugleich sei er dafür, die Möglichkeit humanitärer und qualifizierter Einwanderung rechtlich zu erleichtern. Die Grünen lehnen Maßnahmen der Abschottung ab und fordern mehr Gelder für belastete Kommunen. Das wiederum stößt beim Kanzleramt, dem Innenministerium sowie das Finanzministerium auf Ablehnung. Das Bundesministerium der Finanzen hatte den Vorwurf, Länder und Kommunen bei den Kosten im Stich zu lassen, bereits vor mehreren Tagen zurückgewiesen. Im Haushalt für 2023 seien 26,65 Milliarden Euro dafür vorgesehen. Wie das „Handelsblatt“ berichtete, waren es 2022 allerdings mit knapp 30 Milliarden Euro deutlich mehr.
Unterdessen steigt die Zahl der nach Europa und Deutschland kommenden Menschen weiter an. In den 27 Staaten der EU erhielten im Jahr 2022 gemäß der Statistikbehörde Eurostat deutlich mehr Menschen Asyl oder einen anderen Schutzstatus als im Vorjahr. Die Zahl der positiven Entscheidungen nahm um 40 % auf 384’245 zu. Im Jahr 2021 gab es noch 275’040 positive Entscheidungen, nachdem die Zahl in den Jahren zuvor leicht zurückgegangen war.
Deutschland vergibt innerhalb der EU die meisten positiven Asylbescheide. Im Jahr 2022 waren es fast 160’000. Das sind 41 % aller in der EU ausgestellten Bescheide in diesem Zeitraum. Ukrainer sind nicht mit eingerechnet. Frankreichs Anteil beträgt 13 %, Italiens 10 % und Spaniens 9 %. Seit Jahresbeginn 2023 stellten rund 100’000 Menschen erstmals einen Asylantrag in Deutschland. Die meisten kommen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei. Bis Jahresende werden Schätzungen zufolge rund 350’000 Menschen aus Ländern außerhalb der EU nach Deutschland eingewandert sein.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft bezeichnete den Mangel an Grenzschutz, Obergrenzen und Geld als „gefährlichen Cocktail, der die Stimmung im Land kippen lässt“. Darüber berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 30. April 2023.
Kommentar hinterlassen