Die Deutsche Post AG spricht sich für eine Zwei-Klassen-Briefzustellung aus. Wie Konzern-Personalvorsteher Thomas Ogilvie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe erklärte, sei dieses Prinzip bereits in vielen anderen europäischen Ländern zu finden. Die heutige Zustellgeschwindigkeit entspräche dass der Expresszustellung und wäre teurer. Für alle anderen Briefe würde sich das Unternehmen drei bis fünf Tage Zeit lassen. Trotz des sinkenden Briefaufkommens sei jedoch keine Reduzierung der Zustellung auf fünf Tage geplant. Ausgeglichen werden soll der Rückgang mit Hilfe von Verbundzustellungen. Dabei liefern Briefträger auch kleine Pakete aus.
Laut dem am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Postgesetz müssen 80 % der im Jahresdurchschnitt eingeworfenen Briefe am Folgetag zugestellt sein. Bereits im Herbst 2022 sprach sich Vorstandsvorsitzender Frank Appel dafür aus, die Zeitvorgaben bei der Briefzustellung zu lockern. In der Ära der elektronischen Kommunikation seien starre Laufzeitvorgaben nicht mehr zeitgemäß. Sein einigen Monaten bereiten diese der Post zunehmend Schwierigkeiten. Immer häufiger sind Briefe länger unterwegs. Der Grund ist die Personalausstattung. Die Beschäftigen verlangen höhere Löhne; das Unternehmen hingegen will diesen Kostenfaktor reduzieren.
Die Regierungskoalition will das Postgesetz ohnehin reformieren. Ende Januar 2023 legte das Bundeswirtschaftsministerium Eckpunkte für eine Novelle vor. Darin heißt es, die derzeitigen Laufzeitvorgaben seien kaum aussagekräftig und sollten angepasst werden. Die 80-Prozent-Regel helfe beispielsweise kaum, weil der Absender nicht wisse, ob sein Brief zu dieser Zustellmenge gehöre und tatsächlich am Folgetag ankomme.
Der logistische Aufwand für die Einhaltung der 80-Prozent-Regel ist aus Sicht der Befürworter einer Reform zudem unnötig hoch. Für längere Strecken muss die Post Nachtflüge in Anspruch nehmen, was eine Belastung für die Umwelt darstellt. Die Deutsche Post AG führt zwar auch weitere betriebswirtschaftliche Gründe an, doch diese dürften nur eine untergeordnete Rolle spielen, weil die Erträge aus dem Postgeschäft mittlerweile einen recht geringen Anteil haben, bezogen auf die Ergebnisse des Gesamtkonzerns. In Deutschland wurden über die Brief- und Paketsparte in den Monaten Januar bis September des Jahres 2022 knapp 900 Millionen Euro operativer Gewinn erzielt. Der Gesamtkonzern erwirtschaftete in demselben Zeitraum gut 6,5 Milliarden Euro.
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