In Berlin-Neukölln und in einigen Brennpunktzonen in Nordrhein-Westfalen war es in der Silvesternacht zu Krawallen und erheblichen Zerstörungen gekommen. Die Täter sind nach bisherigem Kenntnisstand vorwiegend Ausländer oder Menschen mit Migrationshintergrund. Die danach aufgekommenen Diskussionen reichen von einer Verschärfung des Waffenrechts über ein Feuerwerksverbot, höhere Haftstrafen bis hin zu Abschiebungen von ausländischen Straftätern. Wie konnte es zu diesem Ausmaß an Gewalt kommen?
Es scheint, als sei der Frust dort am größten, wo man glaubt, besonders vielfältig, tolerant und weltoffen zu sein. Weil die Realität abseits der bunten Plakate und medialen Inszenierungen häufig anders aussieht, empfinden so manche Zugewanderte Deutschland als zutiefst widersprüchlich. Viele finden keinen Zugang zu den Menschen im Land und haben das Gefühl, dorthin abgeschoben zu werden, wo Verteilungskämpfe die Gesellschaft bereits zersetzt haben. Die Hoffnungen und Träume, mit denen sie gekommen sind, lassen sich nicht erfüllen. Mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten können die meisten eben nicht das erreichen, was sie sich erhofft hatten. Den Integrationsweg über die Arbeit gibt es nicht, wenn man bestenfalls als billige Kraft angesehen wird, und der Anreiz zur konstruktiven Mitwirkung an einer gemeinsamen Lebenswelt wird umso kleiner, je höher gleichzeitig die staatlichen Leistungen sind. Es bilden sich Parallelgesellschaften mit rivalisierenden Gruppen, deren einzigen Gemeinsamkeiten die Abschöpfungsmentalität und die zunehmende kriminelle Energie sind. Viele flüchten zurück in alte Traditionen, entwickeln einen Hass auf den Staat und alle seine zur Schau gestellten Werte.
Im Grunde machen die Krawalle sichtbar, was schon lange gärt. Ein Verbot von Silvesterraketen würde das Ausmaß nicht verringern, genauso wie der Hass auf den Staat nicht mit einem härteren Durchgreifen bekämpft werden kann. Denn unterdrückte Symptome haben in der Regel zur Folge, dass irgendwann an anderer Stelle noch heftigere Reaktionen auftreten.
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