Zu Jahresbeginn 2022 war es die Hoffnung der Ehrenamtlichen und Vereine, nach knapp zwei Corona-Jahren endlich wieder im Regelbetrieb durchstarten zu können. Auch die Beratungsräume der Ehrenamtszentrale wurden durch Projekt- und Selbsthilfegruppen wieder rege genutzt und eine Großzahl neuer Freiwilliger konnte ins Ehrenamt vermittelt werden. In Zahlen sind dies knapp 2000 Besucher über das Jahr und über 300 persönliche Beratungen zu einer Tätigkeit im Ehrenamt. Zur Unterstützung der Vereine und gemeinnützigen Organisationen konnten über die Thüringer Ehrenamtsstiftung erneut Mittel bereitgestellt werden. Über einhundert Initiativen aus Gera beantragten die Zuwendung zur Förderung im Ehrenamt und über den Engagementfonds „nebenan angekommen“. Neben der täglichen Arbeit finanzieren die Organisationen über die Fördermittel auch die Umsetzung von Projekten und die Schulung und Würdigung ihrer Ehrenamtlichen. 17 Modellprojekte gegen Menschenfeindlichkeit und zur Demokratiestärkung erhielten eine Förderung durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Landesprogramm „Denk bunt“. Hierfür übernahm zu Jahresbeginn die 07 Dimeko gGmbH die Aufgaben als externe Koordinierungsstelle und ein neu formierter Begleitausschuss die Funktion als Gremium.
Koordination der Hilfsangebote für ukrainische Geflüchtete
Mit Ausbruch des Krieges in der Ukraine Ende Februar 2022 und der aufkommenden Flüchtlingswelle wurden auch in Gera schnell und unbürokratisch Hilfsangebote organisiert. Die Ehrenamtszentrale übernahm die Koordination der Angebote und erlebte aus erster Hand die enorme Engagementbereitschaft der Bürger. Es meldeten sich über 300 Freiwillige mit dem Entschluss sich selbst ehrenamtlich einzubringen, ob bei Hilfsgütertransporten, für Dolmetschertätigkeiten, als Begleitung bei Behördengängen oder in der Organisation von Sachspenden. Dazu kamen weitere 128 Angebote von Privatpersonen, Maklern und Wohnungsgenossenschaften, die bereit waren zur Erstaufnahme Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Viele Organisationen wie die Stadtkirchgemeinde, der Jumpers-Shop in Lusan, das Jugendhaus Shalom, die AWO Seniorenresidenz „Marktkaree“ und die Geschäftsstelle der Partei Die Linke initiierten kurzer Hand Sammelaktionen, um für die Ukrainer Hilfsgüter bereitzustellen. In solidarischer Zusammenarbeit mit Geras polnischer Partnerstadt Skierniewice wurden Hilfstransporte organisiert. Skierniewice pflegt eine eigene Partnerschaft zur ukrainischen Stadt Lubny und übernahm den Weitertransport der Hilfsgüter aus Gera in das Kriegsgebiet.
Einen Monat nach Kriegsbeginn, mit Stand von 383 angekommenen Flüchtlingen in Gera, etablierte das Netzwerk „Gera hilft“ zudem unter Koordination der Ehrenamtszentrale eine Ausgabestelle. Im ehemaligen Schulgebäude am Nicolaiberg sorgte ein Team aus Freiwilligen und Hauptamtlichen der Ehrenamtszentrale für die zentrale Erstversorgung mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Kleidung, Decken, Kinderspielzeug und Geschirr. Zu den Öffnungszeiten ergänzte die Ausgabestelle damit die bestehenden Flüchtlingshilfen städtischer Einrichtungen, der Kirche und der Wohlfahrtsverbände und erreichte regelmäßig knapp 300 ukrainische Geflüchtete. Ende Mai waren über 1000 Flüchtlinge aus der Ukraine in Gera gemeldet und konnten ab Juni, nach Beschluss des Bundesrates, Leistungen der Grundsicherung in Anspruch nehmen. Spezielle Hilfsangebote für die ukrainischen Flüchtlinge wurden daraufhin in die regulären städtischen Angebote und Initiativen überführt und die Sammelstellen ebenso wie die Ausgabestelle am Nicolaiberg geschlossen.
Zur Integration der ukrainischen Flüchtlinge wurden noch vor den Sommerferien über das Ehrenamt erste Sprachkursangebote geschaffen. Auf Eigeninitiative von Frau Elke Kolodzy, die von Beginn an in der Ausgabestelle als Dolmetscherin ausgeholfen hatte und von Beruf Russisch-Lehrerin ist, wurde ein wöchentlicher Deutschkurs in der Ehrenamtszentrale aufgebaut. Dazu kam ein weiterer Kursus von Frau Renate Müller vom Freundeskreis für Flüchtlinge e. V., der bis heute Bestand hat. Jeden Mittwoch treffen sich die knapp 15 Kursteilnehmer von Frau Müller in den Räumen am Kornmarkt 7.
20 Jahre Frühjahrsputz in der Stadt Gera
Den frostigen Temperaturen zum Trotz fiel am 2. April 2022 der Startschuss für den 20. Geraer Frühjahrsputz. An acht Tagen wurden in gemeinschaftlichen Aktionen in den Stadtteilen sowie individuell im eigenen Wohnumfeld 20 Kubikmeter Abfälle gesammelt, mit dem Ziel die Sauberkeit in der Stadt zu verbessern und einen aktiven Beitrag zur Attraktivität Geras zu leisten. Unterstützt wurden die Freiwilligen durch die Mitarbeiter vom Amt für Stadtgrün und der Otegau GmbH. Auch der Geraer Umweltdienst war unter anderem mit einem Sperrmüllwagen unterwegs, um Grobmüll einzusammeln und beteiligte sich mit einem Saugwagen an der Reinigung des Dorfteiches in Dürrenebersdorf. Parallel dazu begrüßte der Umweltverein Grünes Haus Gera 30 Helfer für seine Aktion „Elsterglanz“ zur Beräumung des Flussbettes der Weißen Elster von Zwötzen bis Untermhaus.
Mit Vorher-Nachher-Bildern von den Putzaktionen konnten sich die fleißigen Helferinnen und Helfer anschließend erneut am Wettbewerb um den Goldenen Besen beteiligen. Die Organisatoren aus Otegau, dem Verein Ja für Gera e. V. und dem Stadtteilbüro Lusan prämierten unter Koordination der Geraer Ehrenamtszentrale aus den zahlreichen Einsendungen die „Wurzelklasse“ der Geraer Waldorfschule als Sieger des Fotowettbewerbs. Neben dem „Goldenen Besen“ erhielten die Schulkinder einen Sachpreis der Stadt Gera in Form eines Museumsbesuchs im Naturkundemuseum, inklusive einer altersgerechten Führung.
Zum Dank an alle Freiwilligen, die sich an der Frühjahrsputzaktion beteiligten, fand Ende September die erste Gummistiefelparty statt. Die Initiatoren Sascha Neudert von der Otegau, Volker Tauchert vom Ja für Gera e. V., Jan Zeißner, Fuhrparkmanager beim GUD und René Soboll von der Stadtverwaltung luden dafür in die Remise in der Lusaner Straße 7. Bei selbstgebackenen Kuchen des Küchenteams der Otegau und der Helfer vom Steinweg, sowie Apfelkuchen und Piroggen ukrainischer Geflüchteter, kamen die Akteure miteinander ins Gespräch und machten bereits Pläne für die 21. Auflage des Frühjahrsputzes.
Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Thüringer Ehrenamtsstiftung
Als Interessenvertretung, Fördermittel- und Impulsgeber ist die Thüringer Ehrenamtsstiftung von Beginn an ein wichtiger Partner der Ehrenamtszentrale. Während es die Ehrenamtszentrale seit gut 16 Jahren in Gera gibt, feierte die Stiftung in diesem Jahr bereits ihr 20-jähriges Jubiläum und lud am 3. Juni 2022 zum Festakt in den Kaisersaal in Erfurt. Neben den genannten Aufgaben organisiert die Thüringer Ehrenamtsstiftung mehrmals im Jahr Treffen zwischen den Freiwilligenagenturen und den Ehrenamtsbeauftragten im Freistaat zur Netzwerkarbeit. Besonders im Fokus standen dabei in diesem Jahr der Austausch zu den kommunalen Maßnahmen im Rahmen der Ukrainehilfe und die Rolle der Freiwilligenagenturen und des Ehrenamtes in Krisensituationen. Um zukünftig die Interessen der Freiwilligenagenturen noch besser vertreten zu können, wird seit diesem Jahr, auf Initiative der Stiftung, eine Landesarbeitsgemeinschaft für Freiwilligenagenturen in Thüringen aufgebaut. In den Workshops zur Gründung konnten bereits erste gemeinsame Zielstellungen herausgearbeitet werden, die mit Jahresbeginn 2023 in der Formulierung einer Satzung und von Leitlinien weiter verdichtet werden.
Schülerfreiwilligentag und weitere Engagementformate
Ein Projekt, das die Freiwilligenagenturen des Landes zusammen mit der Thüringer Ehrenamtsstiftung jedes Jahr aufs Neue umsetzten, ist der Thüringer Schülerfreiwilligentag. Zur 14. Auflage am 7. Juli diesen Jahres lautete auch in Gera wieder das Motto „Thüringer Schülerinnen und Schüler engagieren sich“. Knapp 170 Schüler aus Gera nutzen die Gelegenheit in 34 verschiedenen sozialen, kirchlichen, umweltorientierten und weiteren Institutionen im gesamten Stadtgebiet in ehrenamtliche Arbeit reinzuschnuppern und damit selbst zu erfahren, wie viel Freude freiwilliges Engagement machen kann.
Die wachsende Bedeutung des Nachwuchses für ehrenamtliche Organisationen war auch Thema zur ersten Kinder- und Jugendkonferenz in Gera. Gemeinsam mit der Geraer Sportjugend des Stadtsportbundes und der Partnerschaft für Demokratie präsentierte die Ehrenamtszentrale den Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten, sich selbst über ein Ehrenamt in unserer Gesellschaft nachhaltig einzubringen.
Mit dem Nachwuchs beschäftigt sich auch das städtische Projekt „Kinder Willkommen“. Eine Gruppe von Ehrenamtlichen besucht frisch gebackene Eltern und heißt die Neugeborenen mit umfassenden Informationen und einem kleinen Geschenk in der Stadt Gera willkommen. Die Willkommensbesuche waren während der Pandemie ausgesetzt und konnten im März 2022 endlich fortgeführt werden. Für die Organisation der Besuche trifft sich das Team montags in der Ehrenamtszentrale und wird dabei von den Mitarbeitern vor Ort und der Koordinierungsstelle Frühe Hilfen unterstützt.
Eine weitere Facette des ehrenamtlichen Wirkens sind die Selbsthilfegruppen. Die Leitung der Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen hat zum Jahresanfang Steffi Hofmann übernommen. Mit eigenen Aktionstagen wie dem Café der Selbsthilfe und weiteren Projekten mit Kooperationspartnern konnten neue Akzente gesetzt werden, um das Thema Selbsthilfe sichtbar zu machen. Zu nennen wären hier der Tag des weißen Stockes, der gemeinsam mit der Kreisorganisation des Blinden- und Sehbehindertenverbandes ausgerichtet wurde, der Etappenstopp der Mut-Tour, ein Aktionsprogramm, das sich für einen offenen Umgang mit dem Thema Depression stark macht und die Teilnahme am Programm der Woche der seelischen Gesundheit.
Würdigung des ehrenamtlichen Engagements
Das hervorragende Engagement und die langjährige ehrenamtliche Tätigkeit von 59 Geraer Bürgern wurde während der Festveranstaltung zum Internationalen Tag des Ehrenamtes gewürdigt. 34 Bürger erhielten die Ehrenurkunden der Stadt Gera. Der Ehrenbrief des Geraer Sports ging an 14 Bürger. Mit der Thüringer Ehrenamtscard zeichnete die Stadt sieben verdiente Geraer aus. Das Thüringer Ehrenamtszertifikat wurde in diesem Jahr an einen Ehrenamtlichen überreicht. Zudem erhielten zwei Gruppen die Teamurkunde der Stadt Gera. Oberbürgermeister Julian Vonarb und das Team der Ehrenamtszentrale ehrten sie stellvertretend für die zahlreichen Freiwilligen aus allen Lebensbereichen und Bevölkerungsschichten, die in Gera ehrenamtlich in Vereinen, Organisationen, Selbsthilfegruppen und Projekten aktiv sind.
Der Silberne Simson, als besondere Auszeichnung der Stadt Gera, wurde in diesem Jahr an Heinrich-Dieter Hischer vom Förderverein Stadtwaldbrücken Gera e. V. verliehen. Seit den 1990er Jahren engagiert sich der Vereinsvorsitzende ehrenamtlich und hat neben der Vereinsgründung 2008 bis heute sieben Stadtwaldtore initiiert.
Auf Initiative der TAG Service & Wohnen GmbH wurde in Kooperation mit der Ehrenamtszentrale zum vierten Mal der Preis „Die Wirtschaft dankt dem Ehrenamt“ übergeben. Regionalleiter Claudius Oleszak der TAG Service & Wohnen GmbH überbrachte die Auszeichnung, die mit einem Preisgeld von 250 Euro dotiert ist, gemeinsam mit Oberbürgermeister Julian Vonarb den Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Gera-Mitte. Mit großer Einsatzbereitschaft engagieren sich die knapp 30 Aktiven der Freiwilligen Feuerwehr Gera-Mitte in den Bereichen Brandschutz, technische Hilfeleistung, Gefahrgutabwehr und Katastrophenschutz. Wehrleiter Dirk Kortus nahm den Preis stellvertretend für die Kameradinnen und Kameraden entgegen.
Ausblick 2023
Im nächsten Jahr erwarten uns in der Ehrenamtszentrale mit der Integration der Koordinationsstelle für Schiedsstellen (Schöffen-, Jugendschöffenamt), dem Aufbau einer digitalen Engagementplattform und in Funktion als Host Town der Malta-Delegation der „Special Olympics World Games“ spannende und herausfordernde Aufgaben.
QUELLE: STADTVERWALTUNG
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