Die USA verkaufen teure Energieträger nach Europa und vollziehen eine harte Zinswende, während sich China in scheinbar harmloser Größenordnung an immer mehr europäischen Unternehmen beteiligt. Welche Strategien kommen hier zur Anwendung?
Der Kampf um Einfluss wird zwischen den Wirtschaftssphären immer unerbittlicher geführt. Wer überleben will, darf keine Skrupel haben — und muss notfalls auch bereit sein, Konkurrenten und einstige Verbündete zu vertilgen, wenn absehbar ist, dass der Kuchen nicht mehr für alle reicht. Das freundliche Kaffeekränzchen endet umso schneller, je mehr an den Tisch wollen. Gleichzeitig wird der Hunger mit jedem Bissen größer.
Doch der Teller wird immer leerer, und die Plätze davor sind begrenzt. Die EU und Deutschland könnten dadurch zum Oper großer Allesfressers werden, die in ihrer eigenen Not alle guten Manieren für obsolet erklären.
Die bisherigen Ereignisse, welche letztendlich zu Energiehöchstpreisen in Europa führten, dürften also kein Zufall sein. Inzwischen versuchen die USA, sich ein wenig attraktiv zu machen, für den Fall, dass Unternehmen mit dem Gedanken spielen, abzuwandern. Das erzeugte Zinsgefälle kommt hier natürlich genau zum richtigen Zeitpunkt. Das Geld der auszunehmenden Länder fließt in die USA, und die Industrie folgt später nach. Niedrigere Energiepreise und günstige Kredite, die später unter Verwendung des eingeflossenen Kapitals vergeben werden können, dürften die Entscheidung leicht machen.
China hat sich darauf spezialisiert, zunächst harmlos und kompromissbereit zu erscheinen. Denn sie wissen, dass diese Eigenschaften in Europa wie ein Türöffner wirken. Wenn sich China mit geringeren als den anfangs genannten Beteiligungen an einem Unternehmen zufrieden gibt, denkt sich ersteinmal niemand etwas dabei. Doch mit einer Langzeitstrategie werden die betreffenden Unternehmen in eine immer größere Abhängigkeit gebracht. Nach der Minderheitsbeteiligung erhält die Konzernleitung diverse Empfehlungen. Es werden chinesische Kontakte präsentiert, die dem Unternehmen scheinbar Vorteile bringen und das Geschäft verbessern. Der Konzern bezieht dann beispielsweise mehr und mehr Zwischenprodukte aus China, weil diese noch günstiger sind. Hohe Gewinne und eine Steigerung im Ansehen sind das Ergebnis. Plötzlich bringt eine Krise den Konzern in Schwierigkeiten. Es droht der Verlust von Arbeitsplätzen. Chinesische Investoren erscheinen als Retter und kaufen alles preisgünstig auf. Auch eine Rezession, die viele nach den jüngsten Zinserhöhungen in Europa kommen sehen, könnte sich für China als glückliche Fügung erweisen.
Mit dem Ausbau der Beteiligungen kann China schließlich seine Einflussmöglichkeiten auf die Politik verbessern und diese sogar unter Druck setzen. Während das bevölkerungsreichste Land der Erde versucht, etablierte Unternehmen dort zu übernehmen, wo sie sich befinden, benutzen die USA ihre Finanzarchitektur und erzeugen gleichzeitig einen Sog, der hochqualifizierte Menschen und Geschäftsideen mit hohem Wachstumspotenzial zu ihnen bringt. Was in Europa übrig bleiben wird, sind Handlanger, die, um überleben zu können, für wenig Geld einen neuen Kuchen backen müssen.
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