DIE FOSSILE STECKMUSCHEL AUS TREBNITZ

Objekt des Monats September 2022 Museum für Naturkunde ist die Steckmuschel Aviculopinna pinnaeformis aus Trebnitz. (Bild: Stadtverwaltung/Frank Hrouda/Museum für Naturkunde)

Das Objekt des Monats September 2022 im Museum für Naturkunde ist eine fossile Muschel aus Trebnitz. Ihr wissenschaftlicher Name lautet Aviculopinna pinnaeformis. Kürzlich hat sie international „Karriere gemacht“. Die Muschel mit dem komplizierten Namen gehört zu den sogenannten Steckmuscheln (Pinnidae). Diese Muscheln gehören mit bis zu 1,2 Metern Länge zu den heute größten Muscheln Europas, wo sie unter anderem aus dem Mittelmeer bekannt sind. Mehr als 50 lebende Arten der Steckmuscheln wurden bis heute nachgewiesen. Fossile Arten sind es sogar noch weitaus mehr.

Gefunden wurde dieses Exemplar einer fossilen Muschel schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Schichten des Zechsteins, zugeordnet dem Zeitalter Perm, in Trebnitz. Damit ist sie zirka 255 Millionen Jahre alt. Finder und Sammler war der am 24. November 1826 in Gera geborene Robert Eisel, nach dem heute die Eiselstraße benannt ist. Außerdem hat sich der Geraer als Verwalter des Städtischen Museums sowie als großer Kenner und Sammler von Zechsteinfossilien aus dem Raum Gera einen Namen gemacht. Am 6. August 1912 legte Eisel in seinem Testament fest, dass nach seinem Tod die private Sammlung von Zechsteinfossilien und Graptolithen an die sogenannte Geologische Landessammlung am Geraer Gymnasium Rutheneum verkauft werden solle. Nach seinem Tode am 10. April 1917 wurde die testamentarische Verfügung in die Tat umgesetzt und die Sammlung für 4000 Mark in die Landessammlung überführt. Mit dabei war auch das schöne Exemplar der Muschel Aviculopinna pinnaeformis aus Trebnitz. Die Geologische Landessammlung kam nur wenige Jahre später in das Städtische Museum und befindet sich zu großen Teilen heute im Museum für Naturkunde.

Im Jahre 2021 interessierte sich eine Gruppe von Wissenschaftlern für die im Museum für Naturkunde aufbewahrten Steckmuscheln aus dem Zechstein im Raum Gera. Insgesamt 17 Exemplare konnte das Museum für die Untersuchungen und Vergleiche zur Verfügung stellen. Im August 2022 haben Prof. Dr. Thomas Yancey von der Texas A & M University (Texas/USA), Prof. Dr. Michael Amler von der Universität zu Köln, Dr. Pawel Raczynski von der Universität Breslau und Dr. Silvio Brandt aus Chemnitz ihre Arbeitsergebnisse in Form eines Artikels veröffentlicht. Erschienen ist die Publikation im Journal of Palaeotology der Palaeontological Society, herausgegeben von der Cambridge University Press (Großbritannien).

Eisels Steckmuschel aus Trebnitz spielt darin eine besondere Rolle. Das erste wissenschaftlich beschriebene und 1839 abgebildete Exemplar dieser Muschelart stellt den Holotyp für die gesamte Art dar – ein wissenschaftlich hochrangiges und wertvolles Stück. Da aber das eigentlich in Bayreuth aufbewahrte Holotypus-Exemplar nicht mehr auffindbar ist, wurde nun nachträglich ein neues Typus-Exemplar, der Neotypus, festgelegt. Die Ehre als typisches Paradebeispiel einer ganzen biologischen Art zu dienen, ließen die Wissenschaftler Eisels Steckmuschel aus Gera zuteilwerden. Damit hat das Fossil schlagartig einen viel höheren Stellenwert und unterstreicht die Bedeutung der paläontologischen Sammlung des Museums für Naturkunde. Die Aufgabe des Museums ist es, das Neotypus-Exemplar verantwortungsvoll aufzubewahren.

QUELLE: STADTVERWALTUNG

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