Mehr als ein halbes Jahrhundert dokumentieren die Arbeiten des Geraer Fotografen Hans-Joachim Hirsch die Entwicklungen und Veränderungen seiner Heimatstadt.
Hans-Joachim Hirsch ist ein kritischer Beobachter seiner Zeit. Seitengassen, bröckelnde Fassaden, ein Autowrack am Straßenrand — seine Motive sind nicht allein die bekannten, stadtbildprägenden Bauten sondern auch das scheinbar Nebensächliche, Vergessene. Damit entsprachen seine Arbeiten nur selten dem in der DDR gewünschten Bild des sozialistischen Alltags. Manche seiner Bilder wirken unfreiwillig komisch, ja geradezu grotesk. Ein mit Sperrmüll beladenes Pferdefuhrwerk etwa, welches ausgerechnet vor der Losung „Alles für unseren sozialistischen Friedensstaat“ hält. Oder das Konsument-Kaufhaus auf der Sorge, das trotz verhangener Fenster stolz verkündet „Wir ehren Marx durch unsere Tat“.
Auf die Bilder seiner Schaffensperiode zurückblickend, drängt sich ein Vergleich von historischen Aufnahmen mit den heutigen Situationen förmlich auf. Hans-Joachim Hirsch hat zahlreiche Punkte, an denen seine Arbeiten vor Jahrzehnten entstanden sind, erneut aufgesucht und fotografiert. Zu sehen sind diese in einer Sonderausstellung im Stadtmuseum.
Erstaunt, wehmütig oder amüsiert steht der Betrachter vor den Ergebnissen. Vieles hat sich verändert, vieles ist besser geworden. Manches Moderne und Genormte wirkt jedoch steril und gesichtslos. Es ist daher nicht allein der Reiz des Vergleichs zwischen Gestern und Heute — die Fotografien von Hans-Joachim Hirsch stellen Fragen: Übertreiben wir es vielleicht mit unserem Bestreben, das Leben und unser Umfeld perfekt zu gestalten? Nimmt uns ein Zuviel an Regeln und Vorschriften bereits wieder ein Stück Lebensfreude?
Insgesamt rund 120 Werke geben einen beeindruckenden Einblick in das Schaffen des Fotografen und zugleich in eine bewegte Epoche der Stadtgeschichte.
Eine Bilderreihe, bestehend aus 84 Schwarz-Weiss-Aufnahmen von Hans-Joachim Hirsch, war bereits zwischen dem 1. Oktober und 24. Dezember 2009 in der damaligen Galerie des Elster-Forums zu sehen. Die Ausstellung „Zwischen den Zeiten“ zeigte Aufnahmen aus den Jahren 1970 bis 2000.
Der Fotograf Hans-Jochim Hirsch
- geboren 1946 im thüringischen Goldlauter
- Besuch der allgemeinbildenden Polytechnischen Oberschule in Gera
- danach Ausbildung zum Bohrwerksfacharbeiter und im Anschluss bis 1965 in der Geraer WEMA-Union tätig
- von 1965 bis 1968 Veranstaltungsleiter im Klub der Jugend und Sportler
- 1969 Bühnentechniker an den Bühnen der Stadt Gera, und von 1970 bis 1976 Werbegestalter
- 1972 zum Wehrdienst einberufen
- von 1977 bis 1979 vorwiegend als Bildjournalist tätig
- von 1981 bis 1985 an der HBK Braunschweig Fotografie, Grafik und Soziologie studiert, unter Professor M. Ruetz, Professor P. Sorge und Professor P. Bauer
- von 1985 bis 1988 Studium an der Universität Kassel im Studiengang Freie Kunst (Fotografie) unter Professor Floris M. Neusüß
- 1988 Abschlussdiplom mit einer Arbeit über das Gummidruckverfahren
- danach freiberufliche Tätigkeit als Grafiker
- seit 1995 bis heute regelmäßige Aufenthalte in Ontario
- von 1998 bis 2000 in Ontario in Kanada wohnhaft; dort Aufbau eines Fine-Art-Studios
- Wohnsitzwechsel nach Gera im Jahre 2000, seitdem als freier Künstler tätig
QUELLEN: STADTVERWALTUNG, GERA-FORUM
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