ANHÖRUNG UND BUSSGELDVERFAHREN NACH ABGELEHNTER IMPFUNG

Paragraph 20a des Infektionsschutzgesetzes sieht eine einrichtungsbezogene Impfnachweispflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen vor. Die Regelung gilt bis zum 31. Dezember 2022. Wer den geforderten Nachweis nicht erbringt, erhält vom zuständigen Gesundheitsamt zunächst eine Erinnerung. Anschließend wird ein Anhörungsbogen zugestellt, danach der Bußgeldbescheid. Das ist die vorgeschriebene Reihenfolge.

Die Gesundheitsämter in Thüringen gehen derzeit daran, die Anhörungsbögen an Beschäftigte ohne Nachweis zu versenden. Betroffene müssen ab Mitte Juli mit Einzelfall-Verfahren zu Beschäftigungs- oder Betretungsverboten rechnen.

Die Androhung eines Bußgeldes bedeutet aber nicht, dass bereits ein Bußgeldverfahren eingeleitet wurde. Hierfür ist die Anhörung gemäß § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zwingend notwendig.

https://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__28.html

Das Anhörungsschreiben geht dem Bußgeldbescheid voraus und enthält den Vorwurf, innerhalb der gesetzten Frist den geforderten Impfnachweis nicht vorgelegt zu haben. In dem Anhörungsschreiben kann sich der Betroffene zum Sachverhalt äußern und seine Gründe darlegen. Die Frage, ob der Verstoß zugegeben wird, müsste bei einer Ablehnung der Impfung mit „nein” beantwortet werden. Dann folgt die Begründung.

Den Bußgeldbescheid, welcher erst nach der Anhörung ergehen kann, erhält der Betroffene als Postzustellungsurkunde — erkennbar am gelben Briefumschlag. Oben rechts auf dem Briefumschlag ist ein Datum eingetragen. Ab diesem gilt eine 14 Tage währende Einspruchsfrist. Der ausgefüllte Anhörungsbogen sollte mit Absendebestätigung zurückgesandt werden.

Nicht ausgeschlossen ist, dass das Bußgeldverfahren nach § 47 des Ordnungswidrigkeitengesetz eingestellt wird. Wurde bereits ein Anwalt beauftragt, muss der Staat dann die Kosten übernehmen. Möchte die Behörde das Verfahren allerdings nicht einstellen, gibt sie den Fall an das zuständige Amtsgericht ab. Der zuständige Amtsrichter muss sich dann mit den Argumenten des Betroffenen auseinandersetzen. Hier kann beispielsweise ein Beschluss des Verwaltungsgerichtes Hannover vom 11. Mai 2022 angeführt werden, mit dem Aktenzeichen 15 B 1609/22. Demnach ist ein Zwangsgeld unzulässig, weil es eine freiwillige Impfentscheidung sein soll nach der Gesetzesbegründung und dem Bundesverfassungsgericht.

Bei der Verteidigung sind folgende Fragen relevant: War die Anhörung rechtens, wenn wichtige Aspekte fehlen? Wird das Anhörungsschreiben den vorgegebenen Anforderungen gerecht? In welchem Umfang führt die fehlende Impfung zu einem erhöhten Infektionsrisiko? Inwieweit wird durch die Impfung ein Fremdschutz hergestellt? Hat die Behörde geprüft, ob ein milderes Mittel in Betracht kommt? Verläuft nämlich die Anhörung nicht ordnungsgemäß, ist der Bußgeldbescheid formell rechtswidrig.

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