DIE GERAER STRASSENBAHN VOR 130 JAHREN

Der ursprüngliche Wagen 29 existiert nicht mehr. Das heutige Fahrzeug wurde im Jahre 1966 aus Plauen übernommen.

Die Geraer Straßenbahn ist die zweitälteste elektrische in Deutschland und zählt mittlerweile 130 Jahre. Nach der Gründung einer Geraer Straßenbahn-Aktiengesellschaft am 9. Februar 1891 fanden ab dem 5. November 1891 Probefahrten statt, bei denen gleichzeitig das Personal ausgebildet wurde. Das erste Straßenbahndepot befand sich gegenüber dem im Jahre 1851 errichteten „Gasthaus zum Lindenthal“, welches wegen seines gastronomischen Wintergartens im hinteren Gebäudeteil beliebt war.

Am 5. Januar 1892 begann man mit der Beförderung von Gütern und Kohle. Die Inbetriebnahme der Personenwagen gestaltete sich wegen einiger Probleme schwierig. Schließlich konnte am 22. Februar 1892 mit der Personenbeförderung begonnen werden. Dieser Tag wurde als das offizielle Eröffnungsdatum des Straßenbahnbetriebes angesehen. Zu Beginn gab es zwei Straßenbahndampflokomotiven für den Güterverkehr, 14 elektrische Triebwagen, ausgestattet mit einem Stangenstromabnehmer, und zwölf Beiwagen, davon acht offene für den Sommer. Noch in demselben Jahr folgten vier weitere Triebwagen; sie erhielten die Nummern 27 bis 30. Dazu wurden vier geschlossene Beiwagen gekauft. Einsteigen musste man vorn, aussteigen hinten. Die Einzelfahrt kostete bis Oktober 1917 zehn Pfennig. Erwerben konnte man aber auch Marken, ebenso Arbeiter-, Schüler- oder Monatskarten.

Die Strecken waren eingleisig und mit Ausweichstellen versehen. Zum Preußischen Bahnhof führte über die Bielitzstraße ein Gleis für den Güterverkehr, endend an einer Übernahmestelle wegen der unterschiedlichen Spurweiten. Denn bei Eisenbahnen beträgt diese 1435 Millimeter, und bei der Geraer Straßenbahn nur 1000 Millimeter. Diese schmalere Variante war notwendig wegen der engen Kurvenradien, insbesondere bei den Güteranschlüssen.

Bedient wurden im Personenverkehr zu Beginn zwei Linien. Die Linie A mit der Kennfarbe weiß war die Strecke Lindenthal—Untermhaus. Sie führte über Reichsstraße, Schülerstraße, Roßplatz, Heinrichstraße, Johannisgasse, Schloßstraße, Küchengartenalle bis zur Mühlgrabenbrücke vor der Untermhäuser Kreuzapotheke. Dort endete das Gleis stumpf. Am 17. August 1930 wurde die Wendeschleife am Gesellschaftshaus Walhalla in Betrieb genommen. Die Strecke hatte man verlegt, um den schnell wachsenden Ortsteil Cuba besser anbinden zu können. Die Linie B mit der Kennfarbe rot war die Strecke Tinz—Debschwitz. Sie begann in Tinz am damaligen „Gasthof zur elektrischen Bahn“ mit einer Umsetzendstelle und endete am Südfriedhof ebenfalls mit einer Umsetzendstelle. Am 1. April 1893 wurde die Strecke Bahnhof—Pöppeln als Linie C mit der Kennfarbe blau eröffnet. Wegen enttäuschender Zahlen wurden die Fahrten nach Pöppeln bereits am Ende des Jahres reduziert und am 23. August 1922 gänzlich eingestellt.

Trotz einiger Rückschläge wuchs das Streckennetz in den nachfolgenden Jahren stetig und erreichte 2006 mit der Eröffnung der Stadtbahnlinie 1 eine Länge von rund 21 Kilometern. Für besondere Anlässe hält das Unternehmen heute fünf historische Straßenbahnfahrzeuge im Bestand, die über den Verein „Geraer Straßenbahnwelten“ für Stadtrundfahrten gemietet werden können.

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