Deutschland wird der Ukraine künftig auch schwere Waffen liefern. Ein entsprechender Antrag der Regierungskoalition und der Union wurde bei der Bundestagsabstimmung am 28. April 2022 mehrheitlich gebilligt. Fast alle Abgeordnete von SPD, CDU/CSU, Bündnis ’90/Die Grünen und FDP votierten für den Antrag. Genau umgekehrt war das Abstimmungsbild bei der Linkspartei und AFD.
Deren Fraktionsvorsitzender Tino Chrupalla sagte, der vorliegende Antrag lese sich wie die Beitrittserklärung zu einem Krieg. Bereits mit der Entscheidung der Bundesregierung, Gepard-Panzer an die Ukraine zu liefern, sei die Position Deutschlands entschieden geschwächt worden, denn es könne nun nicht mehr als neutraler Vermittler auftreten. Es bleibe zu hoffen, dass dieses Vorgehen die diplomatischen Wege nicht endgültig versperrt habe. Zudem forderte Chrupalla, dass die Friedensrhetorik in den Vordergrund trete, nicht die Kriegsrhetorik.
Żaklin Nastić, Obfrau der Linkspartei im Verteidigungsausschuss des Bundestages, erläuterte anschließend im Deutschlandfunk, weshalb dieser Bundestagsbeschluss aus ihrer Sicht ein historischer Moment ist und weitreichende Folgen haben kann. Die Bundesrepublik sei mit diesem Beschluss zur Kriegspartei geworden, weil er auch die Ausbildung ukrainischer Soldaten an Waffen auf dem Boden Deutschlands und der NATO vorsehe. Żaklin Nastić stützt sich hierbei auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Das Völkerrecht habe Russland mit dem Einmarsch seiner Soldaten in die Ukraine gebrochen. Doch Deutschland dürfe deswegen nicht ebenfalls das Völkerrecht brechen und Kriegspartei werden. Mehr Aufrüstung werde den Krieg nicht beenden, sondern verlängern, warnte Nastić und fügte an, man müsse auf Diplomatie setzen und namhafte Persönlichkeiten wie Merkel, Guterres oder den Papst hinzuholen.
Im März 2022, und damit noch vor dem besagten Bundestagsbeschluss, hatte der Wissenschaftliche Dienstes des Bundestages ein Gutachten mit dem Titel „Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme“ erstellt. Aus diesem geht hervor, dass die Ausbildung ukrainischer Soldaten an westlichen Waffen völkerrechtlich bereits als Kriegsbeteiligung gewertet werden kann.
Es ist das erste mal, dass die Bundesrepublik schwere Waffen in ein Kriegsgebiet liefert. Einen Tag nach dem Bundestagsbeschluss, am 29. April 2022, wurde gemeldet, dass die USA auf ihren Stützpunkten in Deutschland und anderen Standorten ukrainische Soldaten im Umgang mit militärischer Ausrüstung ausbilden wollen. Die Übungen in Deutschland hätten bereits begonnen.
Einige Gegner von Waffenlieferungen werfen der Ukraine moralische Erpressung vor, mit dem Ziel, westliche Politiker unter Druck zu setzen. Die Ukraine sei ein korrupter Oligarchenstaat mit faschistischen Tendenzen, und habe im Ostteil des Landes ebenfalls das Völkerrecht gebrochen. Der völkerrechtswidrige Einmarsch russischer Soldaten in die Ukraine dürfe nicht zum Anlass genommen werden, ein weiteres mal das Völkerrecht zu brechen. Dieses Vorgehen führe zu einer Ausweitung des Konfliktgebietes sowie Tod und Zerstörung.
Kommentar hinterlassen