Nach dem schlechten Ergebnis bei der Bundestagswahl 2021 drohen der Linkspartei weitere Wahlniederlagen. Der Grund ist nicht nur der sexualisierte Machtmissbrauch. Zunehmend ist die Partei mit sich selbst beschäftigt. In einer Zeit des Wandels, die nach eindeutigen politischen Richtungsangeboten verlangt, herrscht innerhalb der Partei Uneinigkeit über den künftigen Kurs.
Gerade wenn es um den sozialökologischen Umbau, das Klima oder die Außenpolitik geht, insbesondere um die Position im Russland-Ukraine-Konflikt, ist nicht immer klar, welches Ziel wie erreicht werden soll. Die Linke versteht sich beispielsweise als eine Partei des Friedens und der Abrüstung. Sie spricht sich gegen das NATO-Bündnis aus, kann aber auch nicht glaubhaft aufzeigen, wie der Raubtiermentalität ohne Stock und Peitsche beizukommen ist.
Als Protestpartei wurde sie längst abgelöst, und Alleinstellungsmerkmale sind kaum mehr zu finden. Nun kann beobachtet werden, wie sich die Linkspartei von innen her zerreibt. Zum einen sind es die unterschiedlichen Stimmen zur künftigen Ausrichtung, zum anderen die jüngst bekannten Vorfälle — die auch dadurch aufhorchen lassen, weil man doch einen hohen Anspruch an sich selbst hatte, was die Wertschätzung und Gleichberechtigung anbelangt. Der Fraktionsvorsitzende Bartsch sprach von einer der schwersten Krisen der Linkspartei.
Also gibt es nach dem überraschenden Rücktritt von Susanne Hennig-Wellsow notgedrungen einen weiteren Erneuerungsversuch. Für diesen seien auch neue Gesichter nötig, schrieb die zurückgetretene Co-Vorsitzende in ihrer Erklärung. Inzwischen wurde ein Parteitag für Ende Juni 2022 angekündigt. Es soll vorzeitig ein neuer Vorstand gewählt werden. Der reguläre Termin hierfür wäre der Februar 2023. Spekulationen, sie werde vorzeitig abtreten, wies die verbliebene Bundesvorsitzende Wissler indessen zurück.
Misslingt die Erneuerung abermals, und enden die heuer anstehenden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein mit schlechten Ergebnissen, würde in einigen Jahren wohl nur noch eine ostdeutsche Kleinpartei übrigbleiben — obwohl zum einen das Thema Frieden immer mehr an Bedeutung gewinnt, und zum anderen mit einer wachsenden Armut zu rechnen ist.
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