Angesichts der jüngsten Ereignisse in Westdeutschland, stellen sich die Fragen, ob in Gera weitere Überschwemmungen infolge von Starkregen drohen und ob hier ein ähnliches Szenario wie in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz denkbar wäre.
Zuletzt waren der Wipsebach und der Gessenbach infolge von Starkregen innerhalb kurzer Zeit über die Ufer getreten. Die Überschwemmungen trafen Bereiche der Salzstraße, des Ortsteils Liebschwitz, Am Iltis und Rudolf-Behr-Weg. Weitere starke Überflutungen wurden in den Ortsteilen Collis, Thränitz, Naulitz, Langengrobsdorf, Cretzschwitz und Söllmnitz festgestellt. Neben der Feuerwehr und dem Technischen Hilfswerk war auch die neu gegründete Wasserwehr im Einsatz. Die Aufräumarbeiten sind mittlerweile weitestgehend abgeschlossen.
„Die Hochwassergefahr im Stadtgebiet wird derzeit als gering eingeschätzt. Doch haben wir erst vor wenigen Tagen gesehen, wie schnell sich die Lage ändern kann“, so Konrad Nickschick, Leiter des städtischen Umweltamtes, und führt weiter aus: „Vergleichbare Hochwasserkatastrophen wie aktuell in Teilen Westdeutschlands können bei entsprechender Topographie und Wetterlagen prinzipiell überall entstehen. Hinzu kommt, dass infolge des Klimawandels Starkregenereignisse häufiger werden. Wenn langanhaltendende Gewitterzellen sich nicht schnell genug bewegen, das heißt, länger über einem Einzugsgebiet verweilen, laden Sie tendenziell mehr Wasser ab.“ Demnach könne dies bei entsprechend engen Flusstälern, einer zu dichten Bebauung und weiteren ungünstigen Faktoren zu Hochwasserereignissen mit großen Schäden führen. Langfristig könne nur das Zurückgeben von Retentionsräumen, eine verbesserte Hochwasservorsorge und ein entsprechend ausgestatteter Katastrophenschutz die Folgen von Extremwetterereignissen beherrschbarer machen.
Seit dem Hochwasser im Juni 2013, das allein in Gera einen Schaden von rund 58 Millionen Euro angerichtet hatte, wurde viel unternommen, um die Stadt und ihre Bevölkerung besser vor Überschwemmungen und den Folgen zu schützen. So entstand im mittleren Bereich der Weißen Elster zwischen der Bahnbrücke in Gera und Wünschendorf eine Reihe von Hochwasserschutzanlagen:
• an der östlichen Seite zwischen Ochsenbrücke und Zwötzener Brücke (2015)
• im Bereich Faulenzerweg (2016)
• im Bereich Tschaikowskistraße (2018)
• an der östlichen Seite zwischen Cubabrücke und Untermhäuser Brücke (2019)
• Hochwasserschutzmauer an der westlichen Uferseite zwischen Cubabrücke und Untermhäuser Brücke soll 2021 fertiggestellt werden
• bereits 2006 wurde Hochwasserschutzanlage im Bereich Hofwiesenpark/Sommerbadstraße errichtet
Zusätzlich dazu wurden in Vorbereitung auf die Bundesgartenschau 2007 im Hofwiesenpark hunderte Meter Dämme und Verwallungen angelegt.
Nach dem vom Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) in den Jahren 2012/2013 entwickelten und 2015 überarbeiteten Hochwasserschutzkonzept für die Weiße Elster sind auch im Stadtteil Debschwitz der Bau einer Schutzwand entlang der westlichen Böschungsoberkante der Weißen Elster und die Stabilisierung des Deiches im Bereich Spielwiese geplant. Zudem sollen in den nächsten Jahren in Zwötzen, Milbitz und Thieschitz zusätzliche Deiche und andere Hochwasserschutzanlagen angelegt werden. Bauherren der Anlagen im Hochwasserrisikogebiet der Weißen Elster sind das TLUBN und die Thüringer Landgesellschaft (ThLG), die in Geschäftsbesorgung für das TLUBN tätig ist.
Um das Risiko von Überschwemmungen bewohnter Gebiete zu verringern, spielt auch die gezielte Reaktivierung oder Schaffung von Überschwemmungsflächen, sogenannte Retentionsräume, eine große Rolle. Die bekannteste dieser Flächen ist der Hofwiesenpark. Mit der weiteren Umsetzung des Hochwasserschutzkonzeptes sollen in den nächsten Jahren erhebliche Flächen links und rechts der Elster in Zwötzen, Untermhaus, Milbitz/Thieschitz und nördlich der Bundesautobahn 4 hinzukommen.
Schließlich gehört auch die kommunale Flächenvorsorge zu den vorbeugenden Schutzmaßnahmen. Sie dient der Freihaltung vorhandener und noch unbebauter Flächen in Überschwemmungsgebieten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit überschwemmt, durchflossen oder für die Hochwasserentlastung bzw. Rückhaltung beansprucht werden und für die daher besondere gesetzliche Regelungen gelten. In den letzten Jahren wurden in diesem Zusammenhang für folgende Nebengewässer Überschwemmungsgebiete amtlich ausgewiesen:
- Erlbach (2005 und 2009)
- Brahme (2005 und 2009)
- Bieblacher Bach (2007)
- Schoßbach (2007), Wipse (2008)
- Saarbach (2009)
Sowohl die Mitarbeiter des Umweltamtes als auch die Feuerwehr haben die Pegel der Weißen Elster und ihrer Nebengewässer weiterhin fest im Blick. Der Wasserstand der Weißen Elster am Pegel Langenberg war in den vergangenen Tagen auf über 230 Zentimeter gestiegen, blieb damit aber unterhalb des Meldebeginns, der bei 260 Zentimetern liegt. Die offizielle Prognose geht nicht von einer wesentlichen Überschreitung des Standes für die nächsten Tage aus. Auch an den Nebengewässern hat sich die Lage zwischenzeitlich wieder deutlich entspannt.
Umfangreiche Informationen und Hintergrundwissen liefert der Themenbeitrag zum Thema Hochwasser und Hochwasserschutz unter folgender Adresse:
https://www.gera.de/sixcms/detail.php?id=242441&_lang=de
Fragen zur gegenwärtigen Lage der Überschwemmungsgebiete im Stadtgebiet von Gera, zu objektbezogenen Hochwasserschutzmaßnahmen oder zu Wasserständen im Hochwasserfall, beantworten die Mitarbeiter der Unteren Wasserbehörde des Umweltamtes in der Amthorstraße 11.
Über aktuelle Pegelstände und Gefahren informieren unter anderem die Hochwassernachrichtenzentrale des TLUBN unter http://hnz.thueringen.de/hw2.0/ sowie die amtliche Wasserstands- und Hochwasserinformations-Applikation „Mein Pegel“.
Vor Unwetter jeder Art warnen der Deutsche Wetterdienst unter „www.dwd.de“ und die Unwetterzentrale Deutschland unter „www.unwetterzentrale.de“.
Informationen zum Stand der Hochwasserschutzmaßnahmen im Stadtgebiet Gera liefert die Thüringer Landgesellschaft mbH unter „www.blickpunkt-elster.de“.
Nach dem Alarm- und Einsatzplan der Stadt Gera ist der Meldebeginn bei einem Wasserstand von 260 Zentimetern am Pegel Langenberg erreicht. Dann werden die Katastrophenschutzbehörden informiert, die bei Bedarf weitere Maßnahmen festlegen.
Ab Alarmstufe I und einem Wasserstand von 300 Zentimetern werden tägliche periodische Kontrollen der Wasserläufe, Deiche, wasserwirtschaftlichen Anlagen, Brücken sowie der Durchlässe, der gefährdeten Bauwerke und der Ausuferungsbereiche durchgeführt. Wenn erforderlich, werden zudem Abflusshindernisse beseitigt. Weiterhin werden ab Alarmstufe I die von einem möglichen Hochwasser betroffenen Einwohner und Gewerbetreibenden informiert und gewarnt. Ab einem Pegelstand von drei Metern wird zusätzlich die Einsatzbereitschaft des Personals, die Technik für den Wachdienst und die Hochwasserabwehr überprüft sowie die Nachrichtenverbindung zwischen den Einsatzkräften gesichert. Zudem werden wichtige Vorbereitungen getroffen, um im Bedarfsfall zusätzliche Einsatzkräfte schnell heranziehen zu können.
Die zweite Hochwasseralarmstufe ist bei einem Wasserstand von 340 Zentimetern erreicht. Dann kontrolliert ein ständiger Wachdienst die Deiche. Neben vorbeugenden Sicherungsmaßnahmen an Gefahrenstellen werden die Einsatzabschnitte des Katastrophenstabes an den Schwerpunkten eingerichtet. Diese werden zudem mit den notwendigen Hochwasserbekämpfungsmitteln wie etwa Sandsäcken ausgestattet. In Abhängigkeit von der Wetterlage und Prognose der weiteren Entwicklung werden zusätzliche Kräfte und Mittel zur aktiven Hochwasserbekämpfung angefordert, vorbereitet und bereitgestellt.
Alarmstufe III ist bei einem Wasserstand von 380 Zentimetern erreicht. Ab diesem Zeitpunkt dienen alle Maßnahmen und Handlungen der aktiven Hochwasserabwehr. Damit sind die konkrete Bekämpfung bestehender Hochwasser- und Eisgefahren mit allen verfügbaren Kräften und Mitteln sowie weiteren Maßnahmen zur Verhütung einer Hochwasserkatastrophe verbunden.
QUELLE: STADTVERWALTUNG
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