Der AFD-Politiker Dr. Reinhard Etzrodt wurde am Abend des 24. September 2020 im Kultur- und Kongresszentrum zum Vorsitzenden des Stadtrates gewählt. Auf ihn entfielen 23 von 40 Stimmen. Mit zwölf Stimmen stellt die AFD die größte Fraktion im Stadtrat. Traditionell hat eine solche das Vorschlagsrecht für diesen Posten. Seit dem Jahre 2014 gibt es eine entsprechende Regelung in der Hauptsatzung. Nachdem das Landesverwaltungsamt die Satzung einen Monat vor der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 bestätigt hatte, wurde sie danach als nicht mehr rechtmäßig erachtet. Eine Änderung erhielt im Dezember 2019 nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Stadtrat. Beabsichtigt war, den Stellvertreter aus der sogenannten Mitte zu wählen.
Nina Wunderlich von der Linkspartei wurde mit 25 Stimmen zur ersten Stellvertreterin gewählt, Andreas Kinder von der CDU mit 26 Stimmen zum zweiten Stellvertreter, und Norbert Hein von der Fraktion Die Liberalen mit 27 Stimmen zum dritten. Sie waren gemäß Hauptsatzung § 9 von den jeweils nächstgrößeren Fraktionen vorgeschlagen worden.
Dr. Harald Frank, Vorsitzender der AFD-Fraktion, beschrieb Etzrodt in der genannten Stadtratssitzung als zuverlässig, pragmatisch, ruhig und ausgeglichen. Er werde genauso neutral auftreten wie sein Vorgänger Dieter Hausold. Der CDU wird nun vorgeworfen, ebenfalls für den AFD-Politiker gestimmt zu haben, doch der CDU-Landesvorsitzende Hirte wies das zurück. Die SPD spricht von einem „erneuten Tabubruch des sogenannten bürgerlichen Lagers”. Sie und die Linkspartei bezeichneten die CDU als Handlanger der AFD. Auch außerhalb Thüringens wird die Wahl kritisiert. Christoph Heubner, Exekutivpräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, sagte laut dem Deutschlandfunk, wenn Stadtverordnete einen Vertreter der AFD zu ihrem obersten Repräsentanten wählten, sei das ein Zusammenbruch an Glaubwürdigkeit und eine Destabilisierung der Demokratie.
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