Mit der Gebäudesanierung der Ostschule sowie des Neubaus ihrer Sporthalle und Freiflächen setzt die Stadt Gera derzeit ein Projekt mit einem Finanzvolumen von über 20 Millionen Euro um. „Die Schulbauförderung ist in Gera ein zentrales Thema. Ziel ist es, zukunftsfähige und moderne Lernumgebungen für Schülerinnen und Schüler zu gestalten und attraktive Arbeitsplatzbedingungen für unsere Lehrer zu schaffen“, betonte Oberbürgermeister Julian Vonarb. „Neben dem Campus Rutheneum am Johannisplatz gehören die Sanierungs- und Neubaumaßnahmen an der Ostschule zu den größten Projekten des Geraer Schulbauprogramms der letzten Jahre. Dies untermauert beispielhaft die Wertigkeit der Bildung für die Stadt“, so Vonarb weiter.
Im Zuge der geplanten Fertigstellung der Baumaßnahmen im September 2022 soll aus der Regelschule eine staatliche 3-zügige Thüringer Gemeinschaftsschule (TGS) der Klassenstufen 1 bis 10 entstehen. „Mit dieser pädagogischen Neuausrichtung der Ostschule als staatliche Gemeinschaftsschule wird Geras Schullandschaft entscheidend erweitert“, so der städtische Leiter des Amtes für Bildung Dr. Frank Rühling. Das Besondere an der neuen Schulart ist ihre breite Angebots- und Abschlussvielfalt. Ob Hauptschulabschluss, qualifizierender Hauptschulabschluss, Realschulabschluss, schulischer Teil der Fachhochschulreife oder allgemeine Hochschulreife – die Entscheidung darüber treffen die Schüler erst nach der Klassenstufe 8. Das wirkt sich positiv auf die Lernmotivation und die schulische Entwicklung aus. So wird beispielsweise durch das längere gemeinsame Lernen in festen Gruppen das Zugehörigkeitsgefühl gestärkt. „Die Konzeption der Thüringer Gemeinschaftsschule erlaubt es, innerhalb stabiler Lerngruppen durch individuelle Förderung auf die größere Vielfalt der Lern- und Entwicklungsbedürfnisse der Kinder und Jugendlichen einzugehen“, heißt es über die pädagogischen Vorteile der TGS im aktuellen Schulnetzplan der Stadt Gera.
Seit Baubeginn im Juli 2019 sind die Arbeiten insbesondere mit Blick auf die Komplettsanierung des Schulgebäudes ein großes Stück vorangekommen. Dem städtischen Leiter für Hochbau und Liegenschaften Sven-Gunnar Diener zufolge seien augenblicklich der erweiterte Rohbau, die Bauwerksabdichtung und der Abbruch des alten Putzes in Ausführung. Gleichzeitig werden derzeit neue Deckenschüttungen eingebracht, da die alten schadstoffbelastet waren. Auch der Einbau der neuen Fenster für das gesamte Bauwerk erfolgte laut Diener bereits. Die Schadstoffsanierung und der konstruktive Rückbau sind abgeschlossen.
Ein weiteres Kernelement der Bauarbeiten wird der neue Mittelbau im Innenhof des Schulgebäudes sein, der laut Schulleiterin Doreen Amberg mehrere pädagogische Funktionen erfüllen wird. Dreh- und Angelpunkt des Gebäudeteils stellt ein großer Aufenthaltsbereich dar, der sich über zwei Etagen erstreckt und primär als Speiseraum dienen wird. Gleichzeitig wird dieser Bereich morgens allen Kindern als Ankunftsraum zur Verfügung stehen. Hier sollen die Schüler bei Bedarf mit einem gesunden Frühstück versorgt werden und in Ruhe in den Tag starten können. Neben einem Selbstlernbereich für Gruppenarbeiten und soziales Miteinander bietet der Mittelbau in Zukunft auch einen Fachunterrichtsraum Informatik und ein Forscherkabinett, in dem die Kinder mit allen Sinnen an die Naturwissenschaften herangeführt werden sollen. Ein besonderer Höhepunkt des Mittelbaus ist die geplante Dachterrasse, die Amberg zufolge vor allem für den Kunstunterricht und kreatives Arbeiten zur Verfügung stehen werde.
Die umfangreichen Sanierungs- und Baumaßnahmen an der Ostschule dienen damit nicht zuletzt der Schaffung entsprechender bedarfsgerechter Bedingungen für die zukünftig rund 750 Schüler des Primar- und Sekundarbereiches. So werden im neuen Mittelbau auch mehrere Differenzierungsräume für die Klassen 5 bis 10 entstehen, durch die individuelles Lernen und Arbeiten ermöglicht wird. „Auf diese Weise wird der Heterogenität der Schülerinnen und Schüler Rechnung getragen“, so die Schulleiterin. Zudem ist im Gebäudeneubau zukünftig der Grundschul- und Hortbereich untergebracht. Im neu geplanten Hauswirtschaftsraum sollen vor allem Hauptschüler durch die Förderung von Alltagskompetenzen aktiv und zielgerichtet zur Selbständigkeit erzogen werden.
Ein wichtiges Teilobjekt neben der Sanierung des Bestandbaus ist der Ersatzneubau der Sporthalle. Hier wurden die Bauarbeiten vor einigen Wochen mit dem Aushub der Baugrube ebenfalls aufgenommen. Die Multifunktionsräume der neuen Halle sind zukünftig auch Sozialraum. Es ist geplant, diese auch der Öffentlichkeit, so etwa umliegenden Vereinen, zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. In Abhängigkeit vom Fortschritt der Sanierungsarbeiten und des Hallenbaus erfolgt die Erneuerung der Freiflächen ab dem Spätsommer 2021. Hier wird zukünftig nicht nur der Spielbereich für die Grundschul- und Hortkinder, sondern auch der neue Schulgarten zu finden sein. Dabei setzt Schulleiterin Amberg auf die Mitwirkung der Schüler: „Die Gestaltung des neuen Außenbereichs soll ein Gemeinschaftsprojekt werden, in dem sich alle interessierten Schülerinnen und Schüler einbringen können.“
Während der gesamten Bauzeit dient das Schulgebäude in der Eiselstraße als Ausweichstandort. Die Sanierung und künftige Betreibung der Ostschule als Thüringer Gemeinschaftsschule gehen zurück auf den Stadtratsbeschluss vom 23. Januar 2017 zum Schulnetzplan für die Schuljahre 2016/2017 bis 2021/2022. Jüngst wurde die geplante Baufertigstellung unter anderem aufgrund von Verzögerungen bei der Vergabe, fehlender oder weit überteuerter Angebote und zum Teil mehrfach wiederholter Ausschreibungen um ein Jahr verschoben. Nun soll ab dem Schuljahr 2022/2023 wieder Kinderlachen durch die Räumen in der Karl-Liebknecht-Straße schallen. Dann soll laut Aussage der Direktorin auch mit der Aufnahme der ersten Erstklässler begonnen werden. Ein entsprechender Beschlussvorschlag für den Stadtrat wurde vom Geraer Amt für Bildung bereits vorbereitet.
Hintergrund
Die Ostschule gehört zu den traditionsreichsten Schulen der Stadt mit lebhafter Geschichte. Sie war eine Gemeinschaftsschule in der Weimarer Republik, bis 1991 die POS „Karl Liebknecht“ und seit der Wiedervereinigung eine staatlich anerkannte Regelschule. In den beiden Weltkriegen diente ihr solider Ziegelbau als Lazarett für Verwundete. 2009 erhielt die Ostschule vom Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport den Namenszusatz „Europaschule“, womit ihr europaorientiertes interkulturelles Bildungsprofil angesprochen ist, das durch die zielgerichtete Förderung der interkulturellen Kompetenzen in allen Jahrgangsstufen zum Ausdruck kommt – etwa in Form der curricularen Integration europäischer Themen, Fremdsprachenlernen sowie projektorientierte Schulpartnerschaften und Praktika.
Das historische Gebäude der Ostschule prägt das Geraer Stadtbild seit 1906 und steht unter Denkmalschutz. In erheblichen Teilen ist seine ursprüngliche Ausstattung erhalten geblieben. Dazu gehören unter anderem die alte Turmuhr mit Uhrwerk und das Treppengeländer mit schmiedeeisernen Gittern. Zuletzt wies die Bausubstanz jedoch einen hohen Nutzungs- und Verbrauchsverschleiß, erhebliche bauphysikalische Schäden wie Feuchtigkeit und Schimmel sowie marode Fenster auf, was die umfangreichen Instandsetzungsmaßnahmen zwingend erforderlich machte.
QUELLE: STADTVERWALTUNG
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