Wenn Zinsen ein negatives Vorzeichen haben, verringern sich die Guthaben umso mehr, je länger sie aufbewahrt werden. Davon werden bald auch viele Sparer betroffen sein und ihr Geld entweder ausgeben oder in den Markt einbringen. Lesen Sie hierzu unsere Einschätzung!
Die Geldpolitik der EZB soll bewirken, dass Geschäftsbanken ihr Kapital nicht auf den Konten der Zentralbank parken, sondern dieses den Unternehmen in Form von Krediten ausreichen. Gleichzeitig führt sie dazu, dass immer mehr Kleinsparer „umschichten“ wollen, also mit dem Gedanken spielen, Aktien zu kaufen.
Doch hier ist höchste Vorsicht geboten. Erfolgreich ist nur, wer seinen Blick über lange Zeiträume richtet und die wirtschaftliche und finanzielle Großwetterlage kennt. Kleinanleger haben meistens nur einzelne Titel im Blick, nicht aber die Zyklen und mögliche Kräfteverschiebungen. Über die Medien sind sie leicht zu beeinflussen und steigen durch gezielt platzierte Artikel erst dann in den Markt ein, wenn der Höhepunkt unmittelbar bevorsteht ist und einflussreiche Anteilseigner ihre Papiere mit Gewinn verkaufen wollen.
Unmittelbar vor einer solchen Phase befinden wir uns gerade wieder. Die Gewinnwarnungen sind so hoch wie seit der letzten Finanzkrise nicht mehr, das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich zusehends, und die Aussichten sind trübe. Auch die zunehmenden globalen Spannungen, die Militarisierung und die damit einhergehende Rhetorik können als Vorzeichen einer zu Ende gehenden Wirtschaftsperiode betrachtet werden. Wenn sogar in Deutschland das Militär wieder stärker in das Licht der Öffentlichkeit gerückt wird, und Kampfeinsätze zur Wahrung wirtschaftlicher Interessen kein Tabu mehr sind, deutet das nicht auf einen bevorstehenden Wohlstand hin. In vielerlei Hinsicht ist die Situation prekär. Es gibt etliche sogenannte Zombieunternehmen und immer weniger Neugründungen. Die Steuern sind zu hoch, der Strom zu teuer; Akademiker wandern aus, während der Anteil gering qualifizierter Menschen wächst und die Schulen kaum noch Lehrer gewinnen können. Schon lange wird von der Substanz im inneren gezehrt. Und mit Vollendung der Bankenunion kann das Vermögen der Sparer auch zur Sicherung anderer Kreditinstitute herangezogen werden, wenn sie systemrelevant sind.
Trotz bevorstehender Unbilden häufen sich die Empfehlungen, in Wertpapiere zu investieren. Das Geld dürfe der Wirtschaft nicht vorenthalten werden, heißt es bisweilen sogar.
Die Indizes bewegen sich derzeit auf hohem Niveau, während die EZB mit unüblichen Mitteln einen Wachstumsrückgang zu verhindern sucht. Würden nun noch die Sparer ihr Geld in den Markt fließen lassen, also für Wertpapiere, Immobilien oder den Konsum ausgeben, stiegen die Kurse noch einmal kräftig an — bis zur finalen Übertreibung. Zu rechnen ist auch mit Programmen zum Ausbau der Elektromobilität und Digitalisierung. All das würde die Wirtschaft zunächst wieder lebendiger erscheinen lassen.
Im Juli 1929, vier Monate vor dem großen Kursverfall, schrieb das US-Magazin „Forbes” folgendes:
„In den letzten fünf Jahren sind wir in eine neue industrielle Ära eingetreten. Unsere Industrie macht Fortschritte nicht in kleinen Sprüngen, sondern in heroischen Schritten.”
Es gerät aus dem Blickfeld, dass die EU und deren Wirtschaft nur noch durch die immer extremer werdende Geldpolitik der EZB vor dem Niedergang bewahrt wird. Für den nächsten großen Wachstumsmarkt, die Digitalisierung mit Einsatz einer künstlichen Intelligenz, fehlen die Voraussetzungen — nicht nur in technischer Hinsicht. Enorme Datenmengen werden gesammelt, ausgewertet, für die Rationalisierung verschiedener Abläufe verwendet und weiterverkauft werden. Damit sich das durchsetzt und die Nebenwirkungen beherrschbar bleiben, wäre ein völlig neues ideologisches Konzept nötig, welches heute wohl nicht auf Zustimmung stoßen dürfte. Die nächste langfristige Wachstumsphase steht also noch nicht unmittelbar bevor. Vielmehr dürfte die kommende Baisse mit einer größeren Marktbereinigung einhergehen.
Wenn aber die breite Masse in den Markt einsteigt, wird sie sich zunächst an schnell ansteigenden Kursen berauschen und vielleicht auch einen der neuen Kredite erhalten, bei denen man weniger als die erhaltene Summe zurückzahlen muss. Doch sobald Großanleger und Spekulanten ihre Anteile abziehen und ihr Vermögen sichern, werden die Kurse einbrechen. Es ist leicht zu erraten, dass selbiger Weg dem Kleinanleger versperrt bleiben wird, und bis dahin auch der Euro seine neue, zweiteilige Form angenommen hat.
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