Nachdem der US-Präsident die Truppen seines Landes aus Nordsyrien abgezogen hat und sich nun die Kräfte in der Region mit weitreichenden Folgen neu ordnen, fragen sich viele Beobachter, welche Strategie er damit verfolgt.
Am 16. Oktober 2019 traf Donald Trump den italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella; es folgte eine gemeinsame Pressekonferenz. Dort sprach Trump von einer Hexenjagd, die gegen ihn geführt werde und erwähnte den militärisch-industriellen Komplex: „Viele Unternehmen wollen, dass weiter gekämpft wird. Denn dafür produzieren sie ihre Waffen — um Krieg zu führen, nicht, um Frieden zu schließen.” Er aber möchte die Kriege beenden. Mit Sanktionen und Zöllen würden die USA mehr erreichen können, als mit militärischer Macht.
In deutschen Zeitungen wurde dieser Teil der Pressekonferenz nur nebenbei erwähnt. Umso akribischer suchten die Journalisten nach Äußerungen, die vermeintliche intellektuelle Einbußen offenbaren oder Belegen sollen, wie Trump die Demokratie, Vielfalt und Gleichberechtigung, so wie sie in ihrem Verständnis auszusehen haben, mit Füßen tritt.
Gern werden einzig die provozierenden Äußerungen zitiert oder eher unwesentliche Details in Szene gesetzt, und oftmals sind die Artikel so gestaltet, dass der Leser nur zu dem Schluss kommen kann, Trump bringe die ganze Welt in Gefahr und müsse endlich des Amtes enthoben werden.
Manche sehen den US-Präsidenten längst im Wahlkampfmodus. Sie werfen ihm Lügen vor, wenn er von Frieden spricht. Denn er zog zwar die Truppen aus Nordsyrien ab, hinterlasse aber ein Machtvakuum, das von Despoten gefüllt werde und einen neuen Brennpunkt zur Folge habe. Zudem würden noch mehr US-Soldaten nach Saudi Arabien entsendet, wo sie dem Iran gegenüber stünden.
Das Pentagon teilte indessen mit, USA wollen den Iran mit harten Sanktionen und einer Politik des „maximalen Drucks” dazu bewegen, einem neuen Atomabkommen mit härteren Auflagen zuzustimmen. Ein anderer Teil der US-Soldaten und Panzer wird nach Ostsyrien verlagert, um dort Ölfelder zu sichern.
Trump wettere gegen den militärischen industriellen Komplex und erzähle einen Tag später, dass noch nie jemand soviel Geld in das Militär investiert habe, sagen Kritiker. Rund 2,5 Milliarden US-Dollar habe er in den zurückliegenden knapp drei Jahren ausgegeben, um das Militär zu modernisieren und sagte selbst: „Wir haben die stärkste Armee. Das heißt aber nicht, dass wir sie in verrückten, endlosen Kriegen verschleißen.”
Schafft Donald Trump ein weltweites Durcheinander oder verfolgt er eine Strategie? Unverkennbar hat er eigene Vorstellungen davon, wie die Dinge zu laufen haben. Was die Wirtschaft anbetrifft, versucht er im Grunde, die abgewanderte Produktion wieder in die USA zurückzuholen, also die Wertschöpfungskette quasi umzukehren. Doch dafür sind in dem Land die Lohnkosten zu hoch. Der Protektionismus begann allerdings schon lange vor Donald Trump. Er wird umso extremer werden, je mehr die Expansionspolitik an Grenzen stößt. Zwangsläufig wird diese Politik irgendwann entweder einen Krieg oder Armut großen Ausmaßes zur Folge haben, und Trump dürfte dies wissen.
Nun glaubt Donald Trump, mit Drohungen und Sanktionen, also ohne Krieg, die Wirtschaft zugunsten der USA neu ausrichten zu können. Damit will er das unvermeidbare wohl nocheinmal hinauszuzögern. Es scheint auch, als wolle er gegen bestimmte Strukturen und Kreise vorgehen.
Umso höher wird auch der Druck auf den US-Präsidenten werden. In der Ukraine-Affäre will man nämlich herausgefunden haben, dass Hunter Biden als Mitglied des Verwaltungsrates des Unternehmens Burisma Holdings ein monatliches Gehalt von 50’000 Euro erhalten hatte. Für das ukrainische Gas-Unternehmen war er bis April 2019 tätig und soll höhere Geldbeträge beiseite geschafft haben. Das Land selbst habe er aber nie betreten.
1,8 Milliarden Dollar aus USAID-Hilfskrediten (usaid.gov) für die Ukraine, de facto Steuergelder, wurden illegal in eine Privatbank geleitet, zu der auch die Burisma Holdings gehört.
Sein Vater Joe Biden, US-Vizepräsident unter Barack Obama, soll von der Burisma Holdings knapp 900’000 Euro für Lobbyarbeit erhalten haben. Die Oligarchen hinter der Burisma Holdings hatten sich die Bidens demnach gekauft, und auf Druck des damaligen US-Präsidenten Obama und Joe Bidens soll der zuständige ukrainische Ermittler entlassen worden sein. Obama habe damit gedroht, die der Ukraine zugesagten Kredite in Höhe von einer Milliarde Dollar nicht zu gewähren, sollte weiter ermittelt werden. Anderswo sollen die Bidens auf ähnliche Weise Geld in private Kassen geleitet haben.
Auch hier fällt auf, dass sich die meisten Journalisten einzig an Donald Trump abarbeiten und dem Ukraine-Skandal und anderen Machenschaften großen Ausmaßes kaum Beachtung schenken. Oder sie übernehmen wortgetreu die Beteuerungen der Bidens, sich nichts zu Schulden haben kommen lassen.
Die Wahrscheinlichkeit eines unsanften Endes der Präsidentschaft Trumps wird einigen unabhängigen Beobachtern zufolge größer, je intensiver der Ukraine-Skandal beleuchtet wird, je mehr er das US-Notenbanksystem zu beeinflussen sucht und je länger er den militärisch-industriellen Komplex hinhält, währenddessen sich die Konjunktur weltweit immer weiter abkühlt. In den USA sinken inzwischen auch die Frühindikatoren für Dienstleistungen und das verarbeitende Gewerbe. Das prophezeite konjunkturelle Strohfeuer dürfte wieder erlöschen, noch bevor der Wahlkampf beginnt.
Das ZDF berichtete am 27. Oktober 2019 von der Gefahr eines Bürgerkrieges in den USA. Im Falle einer Amtsenthebung könnte sich Donald Trump weigern, das Weiße Haus zu verlassen, heißt es in dem Film von Anette Brieger und Elmar Theveßen. Die Folge wären Straßenkämpfe — auch mit Waffen. Andere halten ein Attentat für wahrscheinlicher, weil durch das daraus resultierende Chaos die Akzeptanz deutlich strengerer Gesetze wächst. In diesem Szenario kommt die größere Bedrohung erst danach — charmant, weiblich und augenscheinlich demokratisch und menschenfreundlich. Soweit sollen gewisse Kreise die Entwicklung schon vorgedacht haben.
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