Am 25. Juni 2019 hielt der Ende Mai neugewählte Stadtrat seine erste, konstituierende Sitzung ab. Vor der Verabschiedung ausgeschiedener Stadtratsmitglieder und den Ehrungen wurde der Punkt drei, die Wahl des Stadtratsvorsitzenden und seiner Stellvertreter, mit 23 Für- und 20 Gegenstimmen von der Tagesordnung abgesetzt. Der Grund war ein erst um 15.20 Uhr eingegangenes Schreiben des Thüringer Landesverwaltungsamtes, in dem es Bedenken mitteilt. Am Vormittag desselbigen Tages soll dem Vernehmen nach bereits ein Ferngespräch aus Weimar eingegangen sein.
Nach Ansicht der Rechtsaufsicht spreche „einiges dafür, dass die in § 9 der Hauptsatzung getroffenen Regelungen, nach denen der Stadtrat ‚auf Vorschlag‘ bestimmter Fraktionen, abhängig von der bei der Stadtratswahl erzielten Stimmen, aus seiner Mitte einen Vorsitzenden sowie die Stellvertreter wählt, nicht mit der Thüringer Kommunalordnung vereinbar ist”. In diesem Falle „wäre der Bestand einer Wahl, die auf der Grundlage dieser Hauptsatzung unter Ausschluss anderer Vorschläge durchgeführt wird, sehr zweifelhaft”. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die unter einem fehlerhaft gewählten Stadtratsvorsitzenden gefassten Beschlüsse möglicherweise angreifbar sind.
Mehrere Beobachter und auch Stadtratsmitglieder äußerten Unverständnis, da die betreffende Hauptatzung auf einen Beschluss der Mitglieder und des Oberbürgermeisters kurz vor Ende der zurückliegenden Legislatur zurückgeht, von der Rechtsaufsicht geprüft und bislang nicht beanstandet wurde. Das bisherige Verfahren zur Wahl des Stadtratsvorsitzenden sei schon sehr lange gängige Praxis. Die Bedenken des Landesverwaltungsamtes führen nicht wenige auf das Wahlergebnis der AFD zurück.
Der Stadtrat wählt aufgrund der Fraktion, die bei der Stadtratswahl die meisten Stimmen erreichte, aus seiner Mitte einen Vorsitzenden, dem die Leitung der Stadtratssitzungen obliegt, sowie drei Stellvertreter. Das Vorschlagsrecht für den 1. Stellvertreter besitzt die Fraktion, die bei der letzten Stadtratswahl die zweitmeisten Stimmen erreichte, das Vorschlagsrecht für den 2. Stellvertreter die Fraktion, welche die drittmeisten und das für den 3. Stellvertreter die Fraktion, welche die viertmeisten Stimmen bei dieser Wahl erreichte.
Hauptsatzung § 9 „Vorsitz im Stadtrat”
Gemäß der bestehenden Hauptsatzung hat die AFD, welche mit zwölf von 42 Sitzen die größte Fraktion stellt, das Vorschlagsrecht für den Vorsitzenden. Das Landesverwaltungsamt empfiehlt dem Stadtrat, alsbald eine neue Hauptsatzung zu beschließen. Bis dahin hat der Oberbürgermeister selbst den Stadtratsvorsitz inne.
Der Hauptausschuss wurde besetzt wie nachfolgend aufgeführt.
- AFD: Dr. Harald Frank und Bettina Etzrodt, Stellvertreter Dieter Laudenbach und Stephan Brandner
- Die Linke: Andreas Schubert, Stellvertreter Daniel Reinhard
- Ausschussgemeinschaft Bündnis ’90/Die Grünen, SPD, Die Partei: Nils Fröhlich (Grüne), Stellvertreter: Tilo Wetzel (SPD)
- Ausschussgemeinschaft Bürgerschaft Gera, Für Gera: Dr. Ulrich Porst (Bürgerschaft), Stellvertreter Sandra Graupner (Für Gera)
- CDU: Christian Klein, Stellvertreter Andreas Kinder
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