EINE SCHICKSALSWAHL FÜR DIE EUROPÄISCHE UNION

Am 26. Mai 2019 dürfen die Wahlberechtigten in Deutschland ihre Stimme für das 9. Europäische Parlament abgeben. Umfragen deuten auf veränderte Kräfteverhältnisse hin. Der stellvertretende Vorsitzende der EU-Kommission sprach indessen von einer Schicksalswahl. Es drohe der Zerfall in Nationalismen.

Politische Beobachter verweisen auf die zugenommene Empfänglichkeit für Auffassungen, die von den etablierten Parteien abgelehnt und als rechtspopulistisch bezeichnet werden. Das veränderte Stimmungsbild werde sich nun auch im EU-Parlament widerspiegeln. Geändert hätten sich auch die Beweggründe für eine Stimmenabgabe. Früher hätten sich die Menschen an Wahlen beteiligt, um eine Partei oder bestimmte Ziele zu befürworten. Heute dagegen werde die Stimme zunehmend verwendet, um Gegenpositionen aufzubauen. Die Europäische Union vermittele einem beachtlichen Teil der Menschen keine Zukunftsperspektive. Zudem gehe das Vertrauen in die Politik verloren.

Mittlerweile gebe es unter den Wahlberechtigten vier große Gruppen. Rund die Hälfte enthalte sich ihrer Stimme, weil sie der Politik nichts abgewinnen könne, misstrauisch oder nicht interessiert sei. Die zweite fühle sich weiterhin von den bisherigen größeren Parteien angesprochen. Zu dieser zählten eher ältere und gesetzte Menschen. Die dritte Gruppe sei jünger, ohne finanzielle Abstiegsängste, und sensibilisiert für Themen wie Umweltschutz, multikulturelle Gesellschaft und Gleichberechtigung. Sie zeige eine antagonistische Denkweise und lasse sich leicht mobilisieren. Die vierte Gruppe fürchte den Abstieg, oftmals in mehrerlei Hinsicht, stelle den Staat in Frage und nutze die Wahlen, um Protest zu üben.

Pessimistischen Einschätzungen zufolge ist diese vierte Gruppe groß genug, um über die Wahlurnen eine Zersplitterung der EU in Gang zu setzen. Die politische Uneinigkeit könnte in ein Chaos führen und später schließlich den Wunsch nach einer ordnenden Hand aufkommen lassen. Dann würde gewählt, wer besonders entschlossen wirke und die wohlklingensten Versprechungen abgebe. Der zu zahlende Preis werde allerdings so hoch sein, dass die Rechnung nicht mehr mit vertretbaren Mitteln beglichen werden könne.

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