KONTROVERSE DISKUSSIONEN UM SCHADSTOFF-GRENZWERTE

Das Bundesumweltministerium veröffentlichte einen Entwurf für ein Nationales Luftreinhalteprogramm. Dieses muss die Regierung bis zum 1. April 2019 der EU-Kommission vorlegen. Es beinhaltet Maßnahmen zur Einhaltung der neuen NEC-Richtlinie 2016/2284 der EU, welche am 31. Dezember 2016 in Kraft getreten war. Die Maßnahmen beziehen sich auf den Verkehrssektor, die sogenannte Energiewende und die Minderung der Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft. Hierzu werden derzeit in einem Forschungsvorhaben des Umweltbundesamtes Minderungsmaßnahmen neu bewertet und die Emissionsprognosen verschiedener Szenarien neu berechnet, schreibt das Bundesumweltministerium.

Unter den Menschen in Deutschland, die der Arbeit wegen auf das Automobil angewiesen sind und sich in absehbarer Zeit kein neues leisten können, wächst mittlerweile die Skepsis, was Umweltzonen, Fahrverbote und Grenzwerte für Schadstoffe anbelangt. Und Bundesverkehrsminister Scheuer wünscht nun die wissenschaftliche Überprüfung der Grenzwerte, nachdem Lungenfachärzte Zweifel geäußert hatten.

Viele Automobilbesitzer behaupten inzwischen, dass die Maßnahmen nicht dabei helfen werden, die angestrebten Klimaschutzziele zu erreichen, und ziehen die Ziele selbst in Zweifel. Grenzwerte seien ein Ergebnis politischer Entscheidungen und Kompromisse, heißt es in Kommentaren zum Thema. Sie würden nichts über Gefährlichkeit oder Ungefährlichkeit aussagen. Die WHO entscheide nach politischen, nicht nach medizinischen Gesichtspunkten, und die EU übernehme die Vorlagen ungeprüft. Aber es äußern sich auch zahlreiche Befürworter der Maßnahmen, welche überzeugt sind, die Grenzwerte beruhen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und eine Facharztausbildung vermittele nicht das nötige Wissen über Epidemologie, aus der diese Erkenntnisse stammten.

Ein Elektroauto der Größe Tesla Model S benötige acht Jahre, um in Sachen CO-2 den gleichen Wert wie ein herkömmlicher PKW zu erreichen — allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Akkumulator so lange hält, heißt es. Doch bei vielen Menschen ende die Ökobilanz an der Stadtgrenze, lautet ein weiterer Vorwurf. Das Elektroautomobil sei nur dann eine Alternative, wenn man alles andere ausblende, wie die Schädigung der Umwelt durch Akkumulatoren. Außerhalb ihres schmalen Wahrnehmungsbereiches nähmen sogenannte Öko-Enthusiasten sogar Kinderarbeit in Kauf. Es gäbe die Möglichkeit für Filtersysteme zum Nachrüsten und weitere Technologien zum Bruchteil der Kosten der Elektro-Offensive. Doch hier halten andere mit Blick auf die Automobilwirtschaft entgegen, Deutschland gerate als exportorientieres Land ins Abseits, wenn es die weltweite technische Entwicklungstendenz verkenne. Zudem könne das Elekroauto in Verbindung mit einer neuen Energiepolitik deutlich Umweltfreundlicher sein.

Kritisiert wird von den Verfechtern der Verbrennungsmotoren zudem die Aufstellung der Messtationen. In Deutschland stünden viele unmittelbar am Straßenrand, während in einigen anderen Ländern der vorgegebene Spielraum ausgenutzt werde, welcher es erlaube, diese entweder weiter von der Straße oder höher über dem Erdboden anzubringen. Zudem setze man in der Politik falsche Prioritäten. Denn Flugzeuge zählten zu den größten Schadstoffverursachern, und der Flugverkehr nähme weltweit zu. Eine Boeing 747 benötige zwischen 1300 und 25’000 Liter Treibstoff pro einhundert Kilometer. Die sechs größten Frachtschiffe der Welt würden mehr Schadstoffe produzieren, als alle PKW der Welt zusammen.

Andere vertreten die Auffassung, dass mit Blick auf die dargelegten Gesundheitsschäden die Risiken mit der falschen Priorität angegangen werden. Laut der Modellrechnung des Bundesumweltamtes gäbe es 120’000 Tote durch Alkoholmissbrauch, 110’000 Tote durch Nikotin, aber nur 6000 Tote durch Stickstoffdioxide. Ausgehend von der WHO würden die Grenzwerte langfristig noch strenger. Hier gehe es in der langfristigen Planung darum, Voraussetzungen für Geschäftsmodelle zu schaffen, mit denen in ferner Zukunft jeder noch so kleine Emittent Zahlen müsse, sobald er etwas ausstoße.

Viele derer, die sich entweder für die Zielvorgaben oder kritisch zum Thema äußern, beziehen sich auf Veröffentlichungen wie diese:

Herausgeber: Bundesumweltamt
Titel: Strategien zur Emissionsminderung von Luftschadstoffen
Datum: 15. August 2018
Beschreibung: Es geht um internationale Zusammenarbeit, das Göteborg-Protokoll, die NEC-Richtlinie, Emissionsgrenzwerte für einzelne Sektoren, Grenzwerte für große und kleine Feuerungsanlagen und Schadstoffnormen für Kraftfahrzeuge.

https://www.umweltbundesamt.de/daten/luft/strategien-zur-emissionsminderung-von#textpart-1

Herausgeber: Bundesumweltamt
Titel: Luftmessnetz
Datum:
Beschreibung: Erklärt werden die Messungen zu Klima/Energie, Gesundheit, Chemikalien, Verkehr/Lärm, Wirtschaft/Konsum, Abfall/Ressourcen, Luft, Wasser, Boden/Landwirtschaft, und es wird zu den Themen Nachhaltigkeit, Strategien und Internationales berichtet.

https://www.umweltbundesamt.de/themen/luftmessnetz-wo-wie-wird-gemesen

Herausgeber: Frankfurter Allgemeine Zeitung
Titel: Internationale Forscher widersprechen deutschen Lungenärzten
Datum: 27. Januar 2019
Beschreibung: Das Forum der Internationalen Lungengesellschaften stimmt den nationalen deutschen Standards, den europäischen Standards und denen der WHO zu und widerspricht damit der Gruppe der deutschen Lungenfachärzte, die sich für eine Aufweichung der Grenzwerte ausgesprochen hatten. Nach Angaben der WHO ist die Schadstoffbelastung der Luft für 4,2 Millionen jährliche Todesfälle verantwortlich.

https://www.faz.net/aktuell/wissen/internationale-forscher-widersprechen-deutschen-lungenaerzten-16010656.html

Herausgeber: Augsburger Allgemeine
Titel: Fraunhofer-Forscher: Die Umweltzone ist komplett unnütz
Datum: 26. Oktober 2011
Beschreibung: Das Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme aus Dresden erstellte im Auftrag der IHK eine Studie.Umweltzonen leisten ihr zufolge bisher keinen nachweisbaren Beitrag zur Verminderung der Feinstaubwerte. Die Plakettenregelung orientiert sich nur am Feinstaubausstoß der Fahrzeuge. Die derzeit gültige Plakettenregelung der Umweltzonen führt bei Stickstoffdioxid zu einem höherem Ausstoß.

http://www.augsburger-allgemeine.de/neu-ulm/Fraunhofer-Forscher-Die-Umweltzone-ist-komplett-unnuetz-id17271101.html

Herausgeber: Südwestrundfunk
Titel: Pollenflug manipuliert Feinstaubwerte
Datum: 12. September 2018
Beschreibung: An der Messstelle Neckartor in Stuttgart wurden die Feinstaubwerte im Frühling 2018 überschritten. Ursache war ein besonders starker Pollenflug. Im März 2018 war möglicherweise ausgebrachtes Streusaltz für die Überschreitung verantwortlich.

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/Stuttgart-Pollenflug-verzerrt-Feinstaubwerte,meldung-15172.html

Herausgeber: Stuttgarter Zeitung
Titel: Wo kommt bloß all der Feinstaub her?
Datum: 13. Mai 2018
Beschreibung: Der Straßenverkehr produziert Feinstaub aus Abgasen und Abrieb von Reifen und Bremsen. Doch in U-Bahn-Stationen sind die Feinstaubwerte deutlich höher als an vielbefahrenen Straßen. Ursache ist der Abrieb aus dem Bahnbetrieb, etwa von Rädern und Gleisen. Auch Raucher (Feinstaub), Staubsauger (Feinstaub), Kerzen (Stickstoffdioxid) und Fährrader können für hohe Emissionen sorgen.

https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.spurensuche-wo-kommt-bloss-all-der-feinstaub-her.f9c1c5f7-4d2b-43f1-9588-e21e467c07d5.html

Herausgeber: Focus
Titel: Schwedische Studie rechnet vor: CO2-Bilanz eines Elektroautos ist ein Desaster
Datum: 14. Juni 2017
Beschreibung: Gemäß einer schwedischen Studie könnte die Produktion der Akkumulatoren für Elektro-Automobile deutlich umweltschädlicher sein als bisher angenommen. Ein Fahrzeug mit einem herkömmlichen Verbrennungsmotor könne acht Jahre gefahren werden, bevor es die Umwelt so stark belastet wie die Akkumulator-Produktion für ein Tesla Model S. Der Stromverbrauch beim Fahren wurde dabei nicht berücksichtigt. Ein kleineres E-Fahrzeug wieder Nissan Leaf hat diese Öko-Bilanz nach etwa drei Jahren.

https://www.focus.de/auto/elektroauto/e-auto-batterie-viel-mehr-co2-als-gedacht_id_7246501.html

Herausgeber: Focus
Titel: Experten wollen Grenzwert-Halbierung: 335 Städten drohen Fahrverbote
Datum: 29. Januar 2019
Beschreibung: Umwelt-Experten fordern, den Stickstoffdioxid-Grenzwert für die Außenluft zu halbieren. Derzeit darf ein Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter nicht überschritten werden. Laut Umweltbundesamt kam das Projekt WHO „Health risks of air pollution in Europe“ zu dem Schluss, dass mit gesundheitsrelevanten Wirkungen von NO2 bereits ab einer langfristigen durchschnittlichen Exposition von 20 µg/Kubikmeter gerechnet werden muss. Die Folge wären Fahrverbote in mehr als 300 Städten.

https://www.focus.de/auto/news/stickstoffdioxid-belastung-herabsetzung-auf-20-g-m3-gefordert-diesen-staedten-drohen-fahrverbote_id_10243159.html

Herausgeber: Süddeutsche Zeitung
Titel: Ein Minister außer Kontrolle
Datum: 29. Januar 2019
Beschreibung: Andreas Scheuer macht laut Kommentar Politik unabhängig von Fakten. Die Grenzwerte wolle er der schlechten Luft anpassen, nicht etwa umgekehrt.

https://www.sueddeutsche.de/auto/andreas-scheuer-tempolimit-feinstaub-grenzwerte-1.4306306

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