Die Stadtverwaltung übersandte der Thüringer Staatskanzlei und dem Justizministerium am Donnerstag, den 29. November 2018, ein Exposé. Darin werden folgende Argumente für den Neubau einer Justizvollzugsanstalt am Standort Gera aufgeführt:
Gute Erfahrungen
Die Stadt Gera hat mit der Justizvollzugsanstalt im Stadtzentrum gute Erfahrungen gemacht. Gera war über Jahrzehnte Sitz der umlaufleitenden Transportbehörde des Freistaats Thüringen und wurde als Standort auch in besonderer Weise von den Nachbarbundesländern Sachsen und Bayern geschätzt. Diese Rolle könnte eine neue JVA wieder übernehmen.
Logistik
Eine Justizvollzugsanstalt, die auch als Umlaufleitende Transportbehörde fungiert, ist aus logistischen Gründen am Standort Gera sinnvoll. Die Stadt liegt direkt am Hermsdorfer Kreuz und damit in der Nähe der Autobahnanschlüsse A 4 und A 9. Die Stadt verfügt über drei Autobahnanschlüsse. Damit ist auch eine ggf. notwendige Geschwindigkeit bei einem Transport darstellbar, die bei Gefangenentransporten über Landstraßen und Dörfer kaum zu gewährleisten ist. Insbesondere die Nähe zur Haftanstalt in Chemnitz, wo sämtliche weibliche Gefangene aus Thüringen vollstreckt werden, bedeutet einen großen strategischen Vorteil des Standorts Gera.
Der Landgerichtsbezirk Gera ist flächenmäßig der größte Landgerichtsbezirk in Thüringen. Er umfasst die Amtsbezirke Gera, Altenburg, Greiz, Stadtroda, Jena, Pößneck, Saalfeld/Rudolstadt und Bad Lobenstein. Auf Grund der großen räumlichen Ausdehnung des Landgerichtsbezirks muss die JVA Ostthüringen für alle Gerichtsstandorte gut erreichbar sein. Das wäre bei einer JVA in Gera zweifelsfrei der Fall.
Schwerpunkt
Gera ist Justizzentrum und kann daher für die Beschäftigten wertvolle Synergieeffekte und logistische Vorteile bieten. Die Strafverfahren, insbesondere die Großverfahren am Sitz der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Organisierte Kriminalität, sind wesentlich einfacher zu handhaben, wenn eine ortsnahe Justizvollzugsanstalt genutzt werden kann. Auch der für den Erlass und die Eröffnung von Haftbefehlen für Gera, Greiz und Altenburg zuständige Ermittlungsrichter hat seinen Amtssitz in Gera. Mit dem Landgericht Gera und der Staatsanwaltschaft Gera befinden sich der Schwerpunkt und das Zentrum der Strafjustiz in Ostthüringen in Gera.
Aktuelle Herausforderungen
Die Schließung der JVA Gera wurde gerade in den erwähnten Bereichen zur großen organisatorischen Herausforderung. Bereits mit der Schließung der alten JVA in Gera sehen sich die Strafjustiz in Ostthüringen, die JVA Hohenleuben sowie die hiesigen Polizeidienststellen vor erhebliche Probleme gestellt. Die Arbeit der Strafjustiz in Ostthüringen wäre ohne eine eigene JVA in Ostthüringen massiv behindert. Der Transport von Untersuchungshaft- und Strafgefangenen zu Gerichtsstandorten in Ostthüringen wäre von weiter entfernt liegenden Gefängnissen mit einem sehr hohen logistischen Aufwand für die beteiligten Justizvollzugsanstalten und die Polizeidienststellen verbunden.
Fläche
Die von der Stadt Gera vorgehaltene Fläche kann mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne Zeitverzug erschlossen und bebaut werden. Die Fläche befindet sich in Privatbesitz von vier Eigentümern aus der Stadt Gera, die namentlich bekannt sind und die Pachtverträge geschlossen haben.
Eine Altlastenproblematik gibt es soweit wir aktuell wissen nicht. Die Erschließung ließe sich ohne großen Aufwand realisieren, weil der Stadtrat der Stadt Gera mit Beschlüssen zügig vorantreiben würde.
Die von der Stadt vorgehaltenen Flächen ließen sich am Standort, falls Bedarf besteht, für etwa notwendig werdende Erweiterungsbauten erweitern.
Die Eigentumsverhältnisse sind geklärt, ein Erwerb der notwendigen Flächen durch den Freistaat Thüringen ist voraussichtlich kurzfristig möglich. Die Fläche liegt zwischen drei Ortsteilen mit angemessener Entfernung und umfasst zehn Hektar. Sie könnte auch mit zwölf Hektar bemessen werden. Die Bildung einer Bürgerinitiative durch Anwohner ist nicht zu befürchten, da der Oberbürgermeister mit den ansässigen Ortsteilbürgermeistern gesprochen hat. Die Stadt Gera wird das Projekt durch intensive Kommunikation mit den zuständigen Ortsteilbürgermeistern, dem Ortsteilrat und auch der Bevölkerung vor Ort (Bürgerversammlungen) engmaschig begleiten.
Unterstützung
Widerstand aus der Bevölkerung gegen einen geplanten Gefängnisneubau ist nicht zu erwarten, weil der Oberbürgermeister mit der Verwaltung, die Ortsteilbürgermeister und der Stadtrat intensiv für den Neubau werben werden. Zudem handelt es sich um eine andere Fläche als die vor ein paar Jahren benannte Fläche in der direkten Nähe von Aga. Die Stadtverwaltung Gera und auch der größte Teil des Geraer Stadtrates (auf Basis diverser Hintergrundgespräche) stehen uneingeschränkt hinter dem Projekt des Baus einer Justizvollzugsanstalt in Gera. Der Freistaat Thüringen kann sich hier auf eine enge und lösungsorientierte Zusammenarbeit mit Gera, der Stadtverwaltung sowie insbesondere der Rathausspitze verlassen.
SRH-Klinikum
In der Stadt Gera befindet sich mit dem SRH-Waldklinikum ein kompetenter medizinischer Dienstleister und Versorger. Die Zusammenarbeit mit dem SRH-Klinikum im Bereich der psychiatrischen Versorgung wäre ohne weiteres zu vollziehen und könnte einen wichtigen Bestandteil der Arbeit mit den Gefangenen abdecken.
Eine JVA in Gera könnte von einer Zusammenarbeit mit dem SRH-Waldklinikum in den Bereichen Krankenversorgung der Inhaftierten, Psychiatrie, Suchtmedizin, Geriatrie (die Anzahl älterer Inhaftierter nimmt ständig zu) profitieren.
In besonders problematischen Fällen könnte eine JVA in Gera auch von einer Zusammenarbeit mit dem nahegelegenen Asklepios Fachklinikum in Stadtroda profitieren.
Ausbildung
Die Stadt Gera mit ihren Ausbildungskapazitäten im Bereich der Handwerkskammer Ostthüringen und der IHK Ostthüringen bietet gute Rahmenbedingungen für die dringend notwendige Aus- und Weiterbildung von Strafgefangenen.
Wirtschaftsfaktor
Die Justizvollzugsbediensteten der ehemaligen JVA Gera und der JVA Hohenleuben mit ihrer großen Berufserfahrung, ihrer Professionalität und ihrer hohen Einsatzbereitschaft bleiben bei einem Gefängnisneubau in Gera der Justiz in Ostthüringen erhalten. In der Stadt Gera leben rund 96.000 Menschen, die Bevölkerungsentwicklung ist entgegen älterer Prognosen stabil. Diese Menschen sind auf eine positive wirtschaftliche Entwicklung der Stadt jenseits des „Thüringer Kerns“ angewiesen. Mit dem Bau einer JVA sind Arbeitsplätze im Öffentlichen Dienst, Aufträge an die Wirtschaft vor Ort und Schlüsselzuweisungen des Landes verbunden, auf die die Stadt Gera vor dem Hintergrund ihrer Haushaltslage dringend angewiesen ist.
Landespolitischer Einfluss
Darüber hinaus ist Gera der wesentliche Motor für den ländlichen Ostthüringer Raum. Ohne urbane Strukturen in Gera werden junge Menschen und Familien aus den umliegenden Dörfern die Region verlassen, die ansonsten mit kurzen Wegen zu ihrer Arbeit in die Stadt pendeln können. Als eines von drei Thüringer Oberzentren sollte der Thüringer Landesregierung auch mit Blick auf das Jahr 2019 an nennbaren Erfolgen für die Stadt gelegen sein. Eine Justizvollzugsanstalt wäre eine wichtige infrastrukturelle Entscheidung für Gera, die wir der Bevölkerung auch entsprechend vermitteln möchten. Beschäftigte und Familien aus Hohenleuben haben mit einem Gefängnisneubau in Ostthüringen erheblich bessere Bedingungen als mit einem Neubau in Sachsen, der bis 2024 aus unserer Sicht nicht gewährleistet werden kann.
QUELLE: STADTVERWALTUNG
Kommentar hinterlassen