EINSCHÄTZUNGEN NACH DEN KONGRESSWAHLEN IN DEN USA

Die Kongresswahlen am 6. November 2018 waren auch ein Referendum über die Politik des amtierenden US-Präsidenten. (Bild: CNN US)

In den USA ändert sich nach den Kongresswahlen die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Die Republikaner verlieren sie an die oppositionellen Demokraten. Im Senat dagegen konnten die Republikaner ihre Mehrheit ausbauen. Der US-Präsident dürfte aufgrund der neuen Verhältnisse im Repräsentantenhaus nun auf mehr Widerstand treffen.

Die Kongress- oder Zwischenwahlen, in den USA „Midterms Elections” genannt, finden in der Mitte der Amtszeit des Präsidenten statt. Der Kongress besteht aus zwei Kammern – dem Repräsentantenhaus und dem Senat. Sie bilden die Legislative der USA, sind für Bundesgesetze zuständig und kontrollieren den Präsidenten. Bei den Wahlen wurden alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus und 35 der 100 Sitze im Senat neu vergeben.

Gegen die Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus wird der republikanische US-Präsident künftig keine Gesetze, beispielsweise zu weiteren Steuersenkungen, verabschieden können. Betroffen ist auch der US-Haushalt. Somit verringert sich sein Handlungsspielraum. Die Demokraten könnten ihre Mehrheit nutzen, den US-Präsidenten einzubremsen oder sogar zu blockieren. Im Wissen um diese Möglichkeit rief Donald Trump sie zur überparteilichen Zusammenarbeit auf und riet von der Beleuchtung seiner Finanzen, Steuererklärungen und möglicher Verbindungen nach Russland, die ihm Vorteile im Wahlkampf 2016 verschafft haben sollen, ab. Beobachter rechnen damit, dass es für den US-Präsidenten deutlich schwieriger werden wird, seine Wahlversprechen abzuarbeiten. Folglich könnte er wieder mehr Stärke in der Außenpolitik demonstrieren wollen und hier harscher vorgehen.

Die deutlich höhere Wahlbeteiligung kam den Demokraten zugute. Sie konnten viele Frauen, junge Wähler und Menschen von hispano-amerikanischer Abstammung für sich gewinnen. Erstmals thematisierten sie im Wahlkampf mit Blick auf die vergangenen Schulmassaker die Waffengesetze.

Befürworter Donald Trumps, welche seinetwegen die Republikaner wählten, finden sich vor allem in den sogenannten Flyover States. Hierbei handelt es sich zumeist um eine relativ einfache Bevölkerung, die sich in den vergangenen Jahrzehnten mit ihrer Leistung und vorab bezogenen Geldern einen verhältnismäßig hohen materiellen Wohlstand schaffen konnte. Doch mittlerweile ist dieser Personenkreis kaum mehr interessant für die Wirtschaft und vom Abstieg bedroht. Der Geldstrom verebbt, was sich auch im Verfall vieler kleinerer Städte zeigt. Es entsteht ein Gefühl von Unsicherheit und die Angst wächst, den Lebensstandard nicht halten zu können. Zuwanderung, Globalisierung und Digitalisierung dienen den großen Unternehmen in den Augen dieser Wählerschaft dazu, die Lohnkosten für die einfache Arbeit zu senken. Sie selbst würden mit den Nebenwirkungen wie der steigenden Kriminalität allein gelassen. Was das Bildungsbürgertum als Gewinn für sich erachtet, lehnen sie deshalb ab und passen ihr Wahlverhalten entsprechend an.

Diese Entwicklung war schon lange vor der Präsidentschaft Donald Trumps bekannt und nimmt mittlerweile auch in anderen Industriestaaten ihren Lauf. Es ist davon auszugehen, dass sie sich fortsetzt, der besagte Personenkreis wächst und zur Artikulierung immer radikalere autoritäre Stimmen auswählt, während die gegenüberliegende Seite dazu animiert wird, sich entschiedener dagegen zu wenden. Es kommt zu gegenseitigen Anfeindungen und Unruhen. Mit einer Rückkehr in die frühere Eintracht ist deshalb keinesfalls zu rechnen. Eher werden dereinst zwei Vertreter der gleichen Schicksalsklasse, aber jeweils unterschiedlicher Nationen, aneinander geraten.

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