DEMOKRATIE – WOFÜR ENTSCHEIDET SICH DIE MEHRHEIT?

Bereits in der Schule Platons beschäftigte man sich mit verschiedenen Staatsformen. (Bild: Wikipedia/Mosaik aus Pompeii)

Die Demokratie gilt als die beste Staatsform, steht aber aus Sicht warnender Beobachter vor einer großen Belastungsprobe. Ausgehend von den politischen Rändern gebe es eine neue Entwicklung, bei der die großen Parteien langsam aber stetig an Einfluss verlieren. Ursache sei der zunehmende Vertrauensverlust. Doch was folgt danach? Werden wir Zeugen einer Wiederholung der Geschichte, aus der die Menschen nichts gelernt haben?

Darüber wird derzeit häufig nachgedacht und so mancher kommt dabei zu dem Schluss, die Staatsform wechselt über einen langen Zeitraum betrachtet systematisch von einer Ausprägung in die nächste, und jede hat nur eine bestimmte Bestandsdauer. Die Bedürfnisse der Menschen und deren Sättigung entscheiden letzten Endes, was wann zum Tragen kommt. Die Demokratie sei eine Staatsform, die in der Regel nach einer schwierigen Epoche, einer Zeit der Entbehrungen oder Unterdrückung, favorisiert wird. Sie erlebe ihren Höhepunkt, wenn die Grundbedürfnisse befriedigt sind, man Sicherheit für die eigene Zukunft empfindet und keine schnellen Entscheidungen treffen muss. Voraussetzung für das Fortbestehen der gegenwärtigen Epoche sei also ein gewisser Wohlstand, in dem man es sich leiste, mehrere Entscheidungsebenen aufzubauen und viele Menschen in die Prozesse einzubinden. Solange der Wohlstand gehalten werden kann, die Probleme marginal bleiben und die positiven Aussichten überwiegen, werde diese Staatsform Bestand haben und kaum angezweifelt.

Doch verschlechtert sich auch nur der Ausblick, ändert sich auch die Haltung der Menschen – beginnend in den unteren sozialen Schichten. Das behäbige System der vielen parlamentarischen Entscheider wird angezweifelt. Je weiter die Probleme in ihrer Entwicklung den Entscheidungen voraus sind, je länger die länger die Entscheidungen auf sich warten lassen, desto heftiger die Kritik. Nun kommt es zu einer „unerwarteten“ Wendung in der Überzeugung. Die einen fordern Volksabstimmungen und die Reduzierung der Parlamente, die anderen ein autokratisches System, in dem nur eine Person das Sagen hat und die Entscheidungswege deshalb sehr viel kürzer sind. In schwierigen Zeiten könne so viel schneller reagiert werden, lautet das Argument an den Stammtischen.

Die Demokratie habe sich sowieso langsam zu einer Plutokratie entwickelt, wird zunehmend behauptet. Als die Probleme noch nicht so bedrohlich nah waren, habe kaum einer von der schleichenden Wandlung Notiz genommen. Doch nun, da sich wichtige Entscheidungen nicht mehr lange aufschieben lassen und getroffen werden müssen, merken die Menschen, dass sie kaum noch etwas bewegen können und andere es sind, die den Weg vorgeben, heißt es.

Welche Dynamik könnte sich hieraus entwickeln? Blicken wir sehr weit zurück auf die Anfänge. Schon vor langer Zeit setzte man sich mit dem Staat und seinem Werdegang auseinander. In den oberen Schichten galt die Demokratie ursprünglich nicht als erstrebenswert. Als sie dann doch eingeführt wurde, schloss man bestimmte Personengruppen von der Mitbestimmung aus, und zwar jene niederen Ranges. Der berühmte Denker des Abendlandes, Platon, ordnete die Demokratie den schlechten Staatsformen zu. Als gut erachtete er die Herrschaft der Gebildeten und definierte hier verschiedene Varianten und eine Idealform. Die Demokratie wurde für schlecht befunden, weil hier die Mehrheit entscheidet. Jene sei mehrheitlich ungebildet, kaum sittlich moralisch fundiert und würde sich den Staat zur Beute machen. Die Stimme des Pöbels bekäme mehr Gewicht als die der Gebildeten, glaubte Platon. Und dieser Pöbel würde für die Demagogen stimmen. Jene gelangen an die Macht, weil sie die meisten Leute mit niedrigen Instinkten mobilisieren können. Sie werden immer einflussreicher und geraten in Konflikt mit den Aristokraten, mit den Gebildeten und moralisch fundierten. Es kommt zu Auseinandersetzungen mit der Folge, dass sich ein Mob bildet, der seine Stimme einer radikaleren Leitfigur schenkt – dem Tyrannen, der dann eine neue Staatsform einführt.

Ähnliche Befürchtungen gibt es auch heute, weshalb man auf höherer Ebene der gegenwärtigen Entwicklung bange entgegensieht. Und doch scheint es ein Muster zu geben, dem wir unwissentlich folgen, weil wir die verschiedenen Perioden nicht aus eigener Perspektive überblicken können. Gäbe es diese Möglichkeit, würde man den Staat vielleicht als eine Art lebenden Organismus betrachten, der sich, je nachdem wie die Bedingungen sind, ändert, umorganisiert und bei gutem Auskommen auch schwerfällig werden kann.

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