Laut der Zeitung „Die Welt“ schlägt Bundesumweltministerin Schulze vor, die Technik älterer Fahrzeuge mit Diesel-Motor stufenweise nachzurüsten. Begonnen werden solle dort, wo die Luft besonders schlecht sei und Fahrverbote drohten. Wer sich gegen Hardware-Nachrüstungen sperre, verhindere saubere Luft in den Städten und riskiere eine Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof.
Die Kosten für die Nachrüstung sollen im einstelligen Milliardenbereich liegen, wie die Ministerin laut der Zeitung äußerte. Den Fahrzeughaltern und Steuerzahlern sei es jedoch nicht zuzumuten, dies zu bezahlen. Hierzu sei die Industrie moralisch in der Pflicht, da sie besonders umweltfreundliche Dieselfahrzeuge versprochen habe.
Wegen zu häufiger Überschreitung der Grenzwerte für Luftschadstoffe verklagt die EU-Kommission Deutschland, Frankreich, Italien, Rumänien, Großbritannien und Ungarn vor dem Europäischen Gerichtshof. Das Verfahren kann mehrere Jahre dauern; die Bundesregierung rechnet mit Strafzahlungen.
Festgestellt wurden die Überschreitungen in Deutschland an Messstellen in mehreren Städten. Einzuhalten sind die EU-Luftqualitätsrichtlinien. Sie nehemn u. a. Bezug zum Feinstaub PM 10/PM 2,5 und Stickstoffdioxid. Für Stickstoffdioxid gilt beispielsweise ein Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel.
Hauptursache für die hohen Stickstoffdioxid-Werte sind nach Angaben des Umweltbundesamtes die Emissionen von Fahrzeugen mit Dieselmotor. Die Zahl der PKW und LKW wachse stetig, ebenso die Leistung der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, teilt diese mit. Damit erhöhe sich auch deren Anteil an der Luftverschmutzung. Zu Beginn des Jahres 2017 gab es laut dem Kraftfahrt-Bundesamt mehr als 55 Millionen zugelassene Kraftfahrzeuge in Deutschland. Das sind sechs Millionen mehr als im Jahre 2009. Den größten Anteil haben die PKW (46 Millionen), es folgen Krafträder (vier Millionen) und LKW (drei Millionen). Am meisten wird der Kraftstoff Benzin genutzt. Knapp 15 Millionen Fahrzeuge werden mit Dieselkraftstoff betrieben. Zum Stichtag im Januar 2018 waren außerdem knapp 34 000 Elektro-Automobile zugelassen.
Ende Februar 2018 hatte das Bundesverwaltungsgericht Leipzig Fahrverbote für rechtens erklärt. Allerdings dürfe es keine pauschalen Fahrverbote geben. Kommunen können selbst darüber entscheiden und Fahrverbote für Straßen oder Zonen ausweisen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, die vorgegebenen Schadstoffgrenzwerte einzuhalten. Maßnahmen zur Einhaltung müssen diese im Rahmen sogenannter Luftreinhaltepläne umsetzen.
In Gera kam es bislang mehrmals zu Überschreitungen des Jahresmittelgrenzwertes für NO2 an den Messstationen auf Höhe der Theaterstraße 12 und Straße des Friedens 17, welche die TLUG betreibt. Die Messeinrichtungen, sogenannte Passivsammler, sind dort jeweils an einer Straßenlaterne befestigt. Der Luftreinhalteplan der Stadt sieht unter anderem vor, den Verkehr über Lichtsignalanlagen so zu steuern, dass eine „grüne Welle“ entsteht und langes Warten vermieden wird. Selektive Fahrverbote werden hier als Option aufgeführt. Bevorzugt werden sollen allerdings sogenannte weiche Maßnahmen, wie Appelle, Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV, Ausbau des Radverkehrs, Verzicht auf Festbrennstoffe, Nutzung alternativer Energien usw. Jeder Bürger soll durch sein eigenes Verhalten Luftverschmutzungen vermeiden. Konkrete Beispiele nennt der Plan ebenfalls:
– Fahrten mit dem eigenen PKW verringern
– Fahrgemeinschaften nutzen
– öffentliche Verkehrsmittel nutzen
– kurze Strecken mit dem Rad oder zu Fuß zurücklegen
– Fahrgeschwindigkeit bei PKW-Fahrten reduzieren
– Fahrzeuge mit geringem Kraftstoffverbrauch/Feinstaubausstoß oder alternativen Antriebstechnologien nutzen
– keine Holzverbrennung in Kleinfeuerungsanlagen ohne Abgasreinigung (offenen Kaminen, Einzelöfen)
– nur zulässige Brennstoffe (z. B. abgelagertes und unbehandeltes Holz) verwenden
– mit Heizungsanlagen richtig umgehen, diese regelmäßig Warten und durch Fachleute überwachen lassen
– energiesparende und emissionsarme Gebäudeheizungen einsetzen (z. B. mit Erdgas befeuerte Brennwertkessel mit NOx-armen Brennern)
– auf unnötiges Heizen an Tagen mit Inversionswetterlagen verzichten
– auf Gartenabfallverbrennung verzichten
Die Stadt Hamburg ist deutschlandweit die erste, die wegen zu hoher Schadstoffbelastungen Fahrverbote verhängen wird. Betroffen sind zwei Straßen in der Stadt, in jeweils einem Abschnitt. LKW, welche die Euronorm VI nicht erfüllen, bzw. auch PKW, welche die Euronorm 6 nicht einhalten, dürfen diese ab den 31. Mai nicht befahren. Für Anwohner wird es Ausnahmeregelungen geben.
Um weitere Fahrverbote zu vermeiden, will Bundesregierung u. a. die Umrüstung von Kraftomnibussen des ÖPNV und öffentlichen Fahrzeugen fördern. Damit könnten die Grenzwerte einigen Einschätzungen zufolge aber nur mittelfristig gehalten werden. Fahrverbote, zunächst für die unteren Euronorm-Klassen, seien deshalb in Zukunft noch möglich.
Kritiker empfinden diese als eine Bestrafung für Automobilbesitzer und verweisen auf falsche Angaben des Herstellers zu den Fahrzeugen. Fahrverbote auf einzelnen Strecken seien nicht sinnvoll, da sie den Verkehr und die Luftbelastung nicht reduzierten, sondern für Umleitungen und somit für längere Fahrwege sorgten. Verwiesen wird auch darauf, dass der Anteil der Arbeitnehmer, die lange Fahrwege zurücklegen müssen, stetig zunehme, und die Fahrwege selbst immer länger würden, um Lebenshaltungskosten und Verdienst in ein akzeptables Verhältnis zu bringen. Die von der Bundesregierung favorisierte Elektromobilität werde in Deutschland nicht vorankommen, wenn die Kaufpreise für PKW hoch seien, die Reichweite im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen gering und die nötige Lade-Infrastruktur fehle.
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