DSGVO, DATENVERARBEITUNG, KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Unliebsame Veröffentlichungen könnten bald auf ganz elegante Weise aus den Datennetzen verschwinden. Das zumindest sagen Kritiker mit Verweis auf die neue Datenschutzgrundverordnung, kurz DSGVO, welche unter der Adresse https://dsgvo-gesetz.de/ eingesehen werden kann.

Sie trat am 24. Mai 2016 in Kraft und ist nach der Schonfrist ab dem 25. Mai 2018 in der Europäischen Union anwendbar. Das erklärte Ziel ist es, Personen vor einer unberechtigten Weitergabe ihrer Daten zu schützen und sie über die Nutzung dieser aufzuklären. Die DSGVO soll vor allem die großen US-Unternehmen vom Datenmissbrauch abhalten. Von Seiten der Kritiker heißt es aber, die Verordnung biete mehr Angriffsmöglichkeiten bei unabhängigen Blogs, setze auf einen vorauseilenden Gehorsam und erschwere die Dokumentation des Zeitgeschehens.

Viele Seitenbetreiber sind nun verunsichert und fürchten hohe Geldstrafen, wenn sie beispielsweise Bilder veröffentlichen, auf denen weitere Personen zu sehen sind und sie deren Zustimmung gegenüber den Aufsichtsbehörden nicht nachweisen können. Denn Fotografien werden nunmehr als personenbezogene Daten betrachtet; die Anfertigung bedarf der Zustimmung der abzubildenden Person. Und diese kann ihre Einwilligung obendrein jederzeit widerrufen. Schon die Behauptung, auf einem Bild abgelichtet zu sein, reiche als Grund für die vorgeschriebene Entfernung aus, heißt es in einer Petition. Desweiteren sind auch unbebilderte Seiten betroffen. Die Browser der Besucher hinterlassen nämlich beim Aufrufen bestimmte Daten auf dem Server, welche als personenbezogen angesehen werden.

Doch Bilder vom Stadtbummel oder Berichte vom schönen Parkfest stünden gar nicht im Focus der Gesetzgeber, so die Bedenkenträger. Mit der DSGVO habe man zum passenden Zeitpunkt ein Instrument geschaffen, welches die Deutungshoheit sichern soll. Einerseits gebe es dem konsumierenden Internetnutzer das Gefühl, mehr Rechte zu besitzen. Für Veröffentlichungen aber habe man den rechtlichen Rahmen so verkleinert, bis er an irgendeiner Stelle zwangsläufig überschritten sei. So würde man in jedem beliebigen Blog fündig, wenn die Publikation bestimmten Interessen zuwiderlauft.

Ausgenommen von der Pflicht zum Einholen einer Zustimmung sind die institutionalisierten Medien und deren Zulieferer in Forschung, Wissenschaft und Kunst. Sie dürfen personenbezogene Daten gemäß DSGVO auch ohne Einwilligung erheben. Ebendies führe laut der Kritiker dazu, dass von einem personenbezogenen Ereignis in der Öffentlichkeit, etwa einem Aufbegehren, in Zukunft allenfalls nur noch eine einzige Version sichtbar sein wird – nämlich jene der großen Zeitungen, Rundfunkanstalten usw.

Google, Facebook und andere Internetkonzerne sammelten in den vergangenen Jahren sehr viele personenbezogene Daten, um sie zunächst für sich selbst zu nutzen und Werbung nutzerbezogen einblenden zu können. Anschließend wurden die Daten verkauft. Mit der Entwicklung der künstlichen Intelligenz bietet sich nun eine ganz neue Verwendungsmöglichkeit.

Beim Weltwirtschaftsforum in Davos, im Januar 2018, erhielten die Regierungsvertreter der teilnehmenden Länder eine von den großen Internetkonzernen gemeinsam angefertigte Dokumentation, in der sie selbst vorschlagen, den Bürgern die Rechte an ihren personenbezogenen Daten zurückzugeben! Jeder einzelne soll selbst für seine Daten verantwortlich sein, und die Daten sollen ohne sein Einverständnis nicht mehr weitergeleitet werden dürfen, wünschen die Konzerne von der Politik. Die beachtenswerte Dokumentation trägt den Titel „Der wissende Reisende“ (The Known Traveler) und ist auf der Internetseite des Weltwirtschaftsforums (weforum.org) als PDF-Datei abrufbar.

Natürlich war auch Bill Gates zugegen. Er veröffentlichte eine Lesesliste, auf der unter anderem das Buch „Gewalt: Eine Geschichte der Menschheit“ zu finden ist. Der amerikanische Evolutions-Psychologe Steven Pinker beschreibt darin die Entwicklung der menschlichen Neigung zu Gewalt. Durch den „Prozess der Zivilisierung“ gehe die Gewalt zurück, lautet die These.

Zugleich bieten die Konzerne den Regierungen sozusagen Hilfe bei der Zivilisierung an – indem sie ihnen unter anderem nahe legen, die öffentliche Sicherheit zu privatisieren.

Die künstliche Intelligenz soll hierbei personenbezogene Daten und Datenströme umfassend analysieren und präzise Profile zur Berechenbarkeit der realen Person erstellen. Suchanfragen, Seitenaufrufe, Kommentare, Bilder, die Angabe „gefällt mir“ – alles kann genutzt werden, um persönliche Merkmale festzustellen. Dazu werden die Bürger so konditioniert, dass sie ohne Bedenken einwilligen, zudem, weil sie nur dann bestimmte Dienste in Anspruch nehmen können. Die meisten werden sich nichts dabei denken, wenn es heißt, man stärke die Rechte der Nutzer und verwende die Daten, um die Angebote zu optimieren.

Mit den Medien, den gesammelten Daten, Datenschutzbestimmungen, eröffnen sich, kombiniert mit der künstlichen Intelligenz, den Mutmaßungen zufolge ganz neue Möglichkeiten. Sie könnten verwendet werden, um eine Gesellschaft im Interesse der Großunternehmen zu gestalten – mit den entsprechenden Wertvorstellungen und Bedürfnissen. Genauso ließe sich die Ächtung und Ausgliederung unbeugsamer Personen herbeiführen. Kaum ein Mensch hinterfragt sich nämlich selbst, woher seine Einstellung rührt, wessen Einflüssen er unterliegt und wer den Raum gestaltet, in dem sich seine Gedanken bewegen dürfen.

Würde die künstliche Intelligenz nach diesen rechtlichen Vorbereitungen tatsächlich wie hier beschrieben angewandt, und die Mehrheit ganz freiwillig ihre Daten zur Verfügung stellen, markiert das womöglich den Beginn einer neuen Zeit. Denn die Technik wird bei der Premiere erst ganz am Anfang ihrer Entwicklung stehen.

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