EU GEHT GEGEN DESINFORMATION VOR

Die Europäische Kommission will die Verbreitung von Desinformation erschweren und den Zugang zu vertrauenswürdigen Informationen erleichtern. Hierzu sollen die Betreiber von Internet-Plattformen und Internetmedien zunächst dazu gebracht werden, selbst aktiv zu werden. Bis Juli will die Behörde gemeinsam mit ihnen und der Werbewirtschaft einen Verhaltenskodex erarbeiten. Spätestens im Oktober dieses Jahres soll der Verhaltenskodex in Kraft sein. Eine Evaluation hierzu wird im Dezember 2018 stattfinden.

Der Nutzer soll durch eine bessere Transparenz nachvollziehen können, wer welche Anzeigen finanziert und nach welchen Kriterien Suchmaschinen diese für ihn auswählen. Alternative Standpunkte sollen besser angezeigt und Werbeeinnahmen mit dem Verbreiten falscher Informationen verhindert werden. Sogenannte Faktenprüfer würden eingesetzt, um Informationen zu untersuchen. Wer diese sein werden, ist noch nicht bekannt. Die Entscheidung über Information und Desinformation wird den Betreibern der Dienste obliegen, wobei diese die Vorgaben der EU einhalten müssen. Diese sind dann angehalten, die Vertrauenswürdigkeit der entsprechenden Seiten auf ihrer Plattform auszuweisen.

Unter Desinformationen versteht der Sicherheitskommissar Julian King „nachweislich falsche und irreführende Informationen, die erstellt und veröffentlicht werden – entweder aus wirtschaftlichen Gründen oder um die Öffentlichkeit in die Irre zu führen”. Er betont, es gehe nicht um ein „Ministerium für Wahrheit“, wie es in dem dystopischen Roman „1984″ von George Orwell beschrieben wird, oder darum, parteiischen Journalismus zu erschweren.

Die Europäische Kommission verzichtet zunächst auf verbindliche Vorschriften und geht davon aus, dass eine Regulierung durch die jeweiligen Unternehmen schneller ist als ein Gesetzgebungsverfahren. Werde das Ziel nicht erreicht, seien auch rechtliche Maßnahmen möglich.

Gegenwärtig wird auch über die Reform des Urheberrechts debattiert. Sogenannte Upload-Filter sollen Verletzungen des Urheberrechts schon beim Hochladen erkennen und die Verbreitung entsprechender Inhalte verhindern. Eine solche Technik zur Unterbindung falscher Nachrichten sei aber noch nicht verfügbar.

In der Zukunft soll „eine durch Menschen angemessen beaufsichtigte künstliche Intelligenz für die Überprüfung, Erkennung und Kennzeichnung von Desinformation von entscheidender Bedeutung sein”.

Amerikanische Geheimdienste bezichtigen Moskau, den Wahlkampf in den USA auf mehreren Ebenen beeinflusst zu haben – unter anderem durch die gezielte Verbreitung unwahrer Informationen im Datennetz. Gleiches wolle die Europäische Kommission bei Wahlen in Europa verhindern, heißt es aus Brüssel. EU-Kommissar King sagte:

Bei allem, was wir unternehmen, muss man die Europawahlen im kommenden Jahr im Hinterkopf haben. Diese Wahlen werden wahrscheinlich von böswilligen Akteuren ins Visier genommen werden.

Viele Betreiber kleinerer Internetdienste mit kritischen oder alternativen Inhalten zu den Themen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft werten das Vorgehen der Europäischen Kommission als Einschränkung der Pressefreiheit im Zuge der wachsenden Ablehnung bisheriger Strukturen. Aus ihrer Sicht soll die Mehrheit zum Missbilligen abweichender Meinungen bewegt werden. Wer unbequeme Themen anspreche oder alternative Sichtweisen veröffentliche, müsse in naher Zukunft damit rechnen, in den großen Netzwerken als Gegner von Staat und Gesellschaft oder Verschwörungstheoretiker verunglimpft zu werden.

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