DAS FERBERSCHE HAUS VOR DEM VERKAUF

Mit den Ferberschen Haus in der Greizer Straße 37/39 befasste sich der Stadtrat in seiner Sitzung vom 7. Dezember 2017. Seit bekannt ist, dass die GWB Elstertal das Gebäude veräußern wird, sehen mehrere Bürger den Fortbestand des darin befindlichen Museums für angewandte Kunst gefährdet. Per Einwohnerantrag wurde erwirkt, dass sich der Stadtrat der Sache annimmt. Die Initiatoren hatten gehofft, dass er entscheidet, die Stadt habe ihr Vorkaufsrecht wahrzunehmen. Dieses besteht aufgrund ihrer verbliebenen Geschäftsanteile an der GWB Elstertal. Doch der Stadtrat stimmte dagegen. Unterdessen haben sich zwei weitere Interessenten gemeldet. Sie beabsichtigen den Kauf des Hauses und die Gründung einer Museumsstiftung.

Im Oktober 2017 war bekannt geworden, dass die GWB Elstertal das denkmalgeschützte Ferbersche Haus und das angrenzende Parkhaus verkaufen will. Bereits im Juli 2017 sei hierzu ein Kaufvertrag unterzeichnet worden, hieß es. Er sei aber noch nicht wirksam. Über den Käufer wird nichts bekanntgegeben. Dem Vernehmen nach soll es sich um einen irakischen oder iranischen Investor handeln. Er sei einmal durch das Haus gegangen und habe abschließend gesagt: „Wir kaufen das!“
Es wird vermutet, der Investor wolle mit dem Haus spekulieren, nichts mehr daran tun, die Miete anheben und warten, bis die Stadt nicht mehr bereit ist, diese zu zahlen.

Die GWB aber habe laut OB Dr. Hahn einen Investor gesucht, mit dem das Museum für angewandte Kunst im Ferberschen Haus gesichert ist und mit dem potentiellen Käufer einen solchen Investor gefunden.

Der Grund für den Verkauf ist die neue Ausrichtung der GWB Elstertal auf die Bereitstellung von Wohnraum als Kerngeschäft.
Das Ferbersche Haus war im Januar 1998 in den Besitz der GWB Elstertal übergegangen und zuvor Eigentum der Stadt. Diese hatte es verkauft, da sie finanziell nicht mehr in der Lage war, die notwendigen Sanierungsarbeiten durchzuführen.
Später, Jahre 2002, übertrug die Stadt Gera mit Zustimmung des Stadtrates ihre Anteile an der GWB Elstertal (74,9 %) der Stadtwerke Gera AG. Das Paket beinhaltete 10 215 Wohn- und Gewerbeeinheiten.

Die insolvente Stadtwerke AG musste die Anteile an der GWB Elstertal (74,9 %) im Jahre 2016 auf Geheiß des Insolvenzverwalters nach einer EU-weiten Ausschreibung der britischen Immobiliengesellschaft Benson Elliot veräußern. Über den Kaufpreis herrscht Stillschweigen. Die übrigen Geschäftsanteile an der GWB Elstertal (25,1 %) verbleiben weiterhin unverändert bei der Stadt Gera, worauf das erwähnte Vorkaufrecht gründet. Ursprünglich wollte die Stadt Gera selbst die zuvor genannten Geschäftsanteile (74,9 %) übernehmen. Mit dem monetären Gegenwert sollte die Insolvenz der Stadtwerke abgewendet werden. Aufgrund ihrer eigenen hohen Verschuldung hätte es allerdings eines Kredites in Höhe von 30,5 Millionen Euro bedurft. Das Landesverwaltungsamt genehmigte diesen nicht.

Für das im Jahre 1984 im Ferberschen Haus eingerichtete Museum engagiert sich seit 25 Jahren der Förderverein „Freunde des Ferberschen Hauses“. Der Verein besitzt bereits ein eigenes Konzept zum Betrieb des Museums und würde unter bestimmten Voraussetzungen die Trägerschaft übernehmen. Zwei engagierte Bürger stehen den Verein zur Seite, stellten den Einwohnerantrag „Anwendung Vorkaufsrecht Ferbersches Haus durch die Stadt Gera“ und sammelten 616 Unterschriften. Das waren deutlich mehr als die geforderten 300. Der Beschluss des Stadtrates zur Zulassung des Einwohnerantrages viel übrigens einstimmig.

Antragsteller Ernst-Dietrich Färber, der den Verkauf an den Investor verhindern will, hob im Sitzungssaal die kulturhistorische Bedeutung des Hauses hervor und sagte, es bestehe ein generelles Vorkaufsrecht, ein zusätzliches Vorkaufsrecht gemäß Denkmalschutzgesetz und ein exklusives Vorkaufsrecht, welches im Grundbuch verbrieft ist. Ferner legte er dar, beinhalte das Haushaltssicherungskonzept nach wie vor das Ende des Museums als städtische Einrichtung.

Oberbürgermeister Dr. Hahn trat den Befürchtungen einer Schließung entgegen. Maßgabe sei es, das Museum bestmöglich zu betreiben. Im Stadtratsausschuss für Bildung, Kultur- und Sport sei vereinbart worden, dass die Verwaltung Anfang des Jahres 2018 einen Zeitstrahl für die Erarbeitung eines neuen Konzeptes für alle städtischen Museen vorlegt. Grundlage werde die Museumsperspektive 2025 des Freistaates sein, die gegenwärtig als Diskussionspapier verfügbar sei. Der Museumsverband wolle die Stadt dabei unterstützen. Im Sitzungssaal des Rates erklärte Hahn:

„Sollte die Ausübung des Vorkaufsrechtes nach Thüringer Denkmalschutz heute beschlossen werden, so würde die Stadt mit allen Rechten und Pflichten in den notariellen Kaufvertrag eintreten. Dann müssten auch die Bedingungen hinsichtlich der Fälligkeit des Kaufpreises erfüllt werden. Dies setzt jedoch voraus, dass die Stadt das Geld haushalterisch eingestellt hat, was nicht der Fall ist. Wer heute also für das Vorkaufsrecht stimmen will, muss nachweisen, woher das Geld genommen wird, und vor allem, wo wir es wegnehmen wollen. Und da geht es nicht nur um die Kaufsumme.
Sollte die Stadt das Vorkaufsrecht ausüben, ohne das Geld auch einstellen zu können, macht sie sich gegenüber der GWB Elstertal sowie dem potentiellen Käufer Schadensersatzpflichtig.

Wir als Stadt haben trotzdem starke Rechte. Sowohl der Anspruch auf Ausübung des Vorkaufsrechtes für alle Verkaufsfälle, sowie die Nutzung des Gebäudes, zirka 1500 Quadratmeter als Museum, ist dinglich im Grundbuch gesichert. Diese dinglichen Rechte bleiben unabhängig von der Veräußerung des Grundstückes bestehen und wirken gegen den jeweiligen Eigentümer. Ohne Zustimmung des Stadtrates – hier handelt es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung – können diese Rechte zu Gunsten der Stadt nicht gelöscht werden. Und schließlich, vom Fachdienst Bauvorhaben wurde heute dem notariellen Kaufvertrag zwischen der GWB Elstertal und dem Käufer, die erforderliche sanierungsrechtliche Genehmigung versagt. Mit dieser Entscheidung besteht kein Handlungsbedarf, dem Einwohnerantrag zuzustimmen.“

Die sanierungsrechtliche Genehmigung der Stadtverwaltung ist notwendig, weil sich das Ferbersche Haus in einem als Sanierungsgebietausgewiesenen Bereich befindet. Erteilt die zuständige Kommune diese nicht, ist der Verkauf mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht möglich.

Bei der Abstimmung gab es 17 Gegenstimmen (5 CDU, 7 Linke, 3 Bürgerschaft, 1 fraktionslos, OB Hahn), fünf Fürstimmen (2 SPD, 1 Linke, 1 CDU, 1 Bürgerschaft) und 19 Enthaltungen (12 Linke, 2 SPD, 2 Bürgerschaft, 1 NPD, 1 Grüne, 1 Liberale Allianz). Die Stadtverwaltung muss ihr Vorkaufsrecht damit nicht wahrnehmen.

Unlängst meldeten sich zwei weitere Interessenten – diesmal aus Gera. Sie wollen das Haus kaufen und eine Museumsstiftung gründen. Der Förderverein „Freunde des Ferberschen Hauses“ befürwortet dies. Bei den Interessenten handelt es sich um zwei Eheleute, die im Immobiliengeschäft bzw. einer Kulturstiftung tätig sind und sich überdies kulturell engagieren.

Das Anwesen Greizer Straße 37/39, errichtet um das Jahr 1760, brannte beim Stadtbrand im Jahre 1780 aus und wurde später wieder hergestellt. Es trägt den Namen des Kommerzienrates Moritz Rudolf Ferber (1805-1875), zugleich Fabrikant und Mineraloge. Dieser hatte die beiden Häuser in der damaligen Weidaischen Gasse im Jahre 1842 erworben. Nach seinem Tode blieb das Anwesen im Familienbesitz, jedoch wurden die Erben im Jahre 1945 enteignet und siedelten in den Westen Deutschlands über. Die Greizer Straße 37/39 wurde nach 1945 als Kinderheim genutzt. Im Oktober 1984 eröffnete die Stadt dort das „Museum für Kunsthandwerk“. Nach 1990 kauften die enteigneten Erben ihr Anwesen zurück und übergaben es später wieder der Stadt Gera, mit der Auflage, es als Museum zum Wohle der Allgemeinheit zu erhalten. Im Zuge einer Neuausrichtung wurde das Museum im Sommer 1991 umbenannt in „Museum für angewandte Kunst“.

Ältere Meldungen unseres Dienstes zu den Museen der Stadt Gera finden Sie in unserem Archiv.

„Entwicklungskonzept der Museen der Stadt Gera 2009 bis 2013“

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